N Skispringen

Marius Lindvik und Co. sind in einen Manipulationsskandal verwickelt. © APA/afp / TERJE PEDERSEN

Medaille aberkannt: Manipulationsskandal bei WM

Der nordische Skisport befindet sich pünktlich zum Ende der WM in Trondheim mal wieder inmitten eines riesigen Skandals und muss in den kommenden Monaten womöglich ein systematisches Betrugssystem im Skispringen aufdecken.

Großer Aufreger sind mehrere anonyme und verwackelte Videos aus der Anzugschneiderei der Norweger. Der Vorwurf: Die Top-Nation aus Skandinavien soll wissentlich und im Beisein von Chefcoach Magnus Brevig Anzüge manipuliert und sich so einen unzulässigen Vorteil verschafft haben. „Ich bin ein Stück weit geschockt. Die Vermutung liegt nahe, dass hier systemisch betrogen wurde“, sagte DSV-Sportdirektor Horst Hüttel der ARD. Doch was bringt eine Manipulation eines Anzugs eigentlich? Die Norweger haben eine nicht erlaubte Naht angebracht, die für mehr Stabilität sorgen soll. Die zusätzliche Stabilität hilft den Springern beim Fliegen in der Luft.


„Anscheinend haben sie vom Knie weg bis zum Schritt auf der Innenseite ein steifes Band eingenäht – das ist nicht erlaubt und das bewirkt eher, dass es steifer wird“, beschrieb Österreichs Cheftrainer Andreas Widhölzl. Norwegens Aktion sei zwar „clever, aber nicht im Reglement drin“.
Die sonst so geschlossene Skisprung-Familie zerlegte sich an einem denkwürdigen WM-Samstag selbst.

Lindvik muss WM-Silber zurückgeben

Beziehungsweise: Alle Nationen attackierten die schwer im Verdacht stehenden Norweger. „Es ist für mich eine Verarschung. Es ist eine klare Manipulation und klarer Sportbetrug, ähnlich wie Doping“, wetterte Polens Cheftrainer Thomas Thurnbichler. Mit seinem Trainerkollegen Brevig rede er derzeit nicht mehr, fügte Thurnbichler an. Polen, Slowenien und Österreich forderten nicht nur einen Ausschluss vom letzten Einzel, sondern auch eine Annullierung aller norwegischen Ergebnisse bei den Titelkämpfen von Trondheim. Der famose WM-Titel des Slowenen Domen Prevc ging inmitten der massiven Turbulenzen komplett unter.

Marius Lindvik musste seine Silbermedaille zurückgeben. © APA / GEORG HOCHMUTH


Neben dem norwegischen Sprung-Team gab auf der größten Bühne des Sports auch der Weltverband Fis um Rennleiter Sandro Pertile und Material-Kontrolleur Christian Kathol ein schlechtes Bild ab. Kathol sagte vor dem Wettbewerb noch, alle Anzüge seien gecheckt und für regelkonform befunden worden. Dann folgten nacheinander die Disqualifikationen für Kristoffer Eriksen Sundal, Johann André Forfang und Marius Lindvik, der eigentlich Silber gewonnen hätte.

Norwegen zeigt Reue

Von der Kontrolle überführt zeigte Norwegens Team Reue. „Wir haben einen Regelverstoß begangen“, räumte Trainer Brevig ein. Der schwer in die Defensive geratene Sportdirektor Jan Erik Aalbu übernahm zwar die Verantwortung für die drei Disqualifikationen, wies ein systematisches Muster aber zurück: „Es hat sich nicht um Manipulation des Anzugs gehandelt. Das ist kein Betrug, das ist kein Doping.“

So sah das Podest am Samstag aus – vor der Disqualifikation: Marius Lindvik, Domen Prevc und Jan Hörl (v.l.n.r.). © APA/afp / JONATHAN NACKSTRAND


Auf den für Laien eher unscheinbaren Videos ist zu sehen, wie die Norweger hinter abgeklebten Scheiben ihre Sprunguniform bearbeiten. Doch um Nähte, Anzüge und minimale Vorteile durch illegale Grenzüberschreitungen ging es beim Skandal von Trondheim nur noch ganz am Rande. Stattdessen stellte sich die große Frage nach dem Vertrauen. Immerhin: Laut einem Bericht der „Krone“ will der Weltverband FIS nun eine Untersuchungskommission einrichten. Damit stehen auch die restlichen Medaillen der norwegischen Skispringer – samt WM-Gold von Lindvik – auf dem Spiel. Auch eine Zusammenarbeit mit den Nordischen Kombinierern aus Norwegen wird nicht ausgeschlossen.

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