Umstritten: Schienbeinschützer erobern den Skirennsport

Christof Innerhofer spricht von der &bdquo;wichtigsten Neuerung seit der Erfindung des Carvingskis“. Das ist schon eine Ansage. Fakt ist, dass spezielle Schienbeinschoner seit einiger Zeit für ziemliche Aufregung sorgen im Skirennsport. Denn: Marco Odermatt ist damit unterwegs, auch der letztjährige Abfahrts-Überflieger Cyprien Sarrazin. Immer mehr Athleten schaffen sich derartige Schoner, die eigentlich aus dem Fußball kommen, an. Der Grund: Sie sind überzeugt, dass sie dank dieser Protektoren eine direktere Linie fahren können.

Der Schoner wird innerhalb des Skischuhs auf das Schienbein gelegt und stellt eine Verlängerung der Zunge des Skischuhs dar. Mit dieser Positionierung sei eine direktere Kraft- und Technikübertragung auf die Ski möglich. Hubert Rabensteiner fertigt die Schienbeinschoner unter dem Namen Power Booster für viele Weltklasseathleten auf Maß an.

Der 54-Jährige aus Villanders ist unter dem Künstlernamen Schuhbert für seine innovativen Anpassungen für Skischuhe, Schuh-Einlagen, Arm- und Ellbogenschützer bekannt. Bode Miller, Renate Götschl, Mario Matt, Domme Paris, Alex Vinatzer, Manuel Feller, Mikaela Shiffrin und seit neuestem auch Christof Innerhofer schwören auf die Schuhbert-Produkte.

Südtiroler Anfänge Dabei hat alles mit Denise Karbon 2008 angefangen. Die Kastelrutherin laborierte an einer Schuhrandprellung, Schuhmachermeister Rabensteiner kreierte einen Schienbeinschoner aus Carbon. Das ist eine Kohlefaser, die mit Harz getränkt wird und in ein Vakuum kommt, um unter großer Hitze gehärtet zu werden. Diese Carbon-Schiene legt sich wie eine zweite Haut um das Schienbein und sorgte dafür, dass die Kastelrutherin wieder erfolgreich Skirennen bestreiten konnte. In den nächsten Jahren wurden diese Skischuhschoner vergessen, dafür kamen Armprotektoren groß in Mode.

Auch Marco Odermatt setzt auf die Schiene. © APA/afp / JEFF PACHOUD

Erst als Marco Odermatt vor einigen Jahren ständig unter Entzündungen der Beinhaut litt und lange Problemlösung fand, erinnerte man sich wieder an die Schoner. Sie schafften beim dreimaligen Weltcup-Gesamtsieger nicht nur Abhilfe, was die ständigen Schmerzen betraf, sondern waren auch technisch ein Hilfsmittel. Hubert Rabensteiner: &bdquo;Man baut den Druck auf den Ski schneller und gezielter auf, man ist imstande, kürzere Radien zu fahren. Und: Die Skier liegen ruhiger auf dem Schnee.“

Das orang-rote Objekt, das aktuell für viele Diskussionen sorgt

Weil diese Schützer bis zum Knöchel reichen und an der oberen Seite um bis zu 10 Zentimeter aus dem Skischuh herausragen, entstehen bessere Hebel, die eine bessere Kraftübertragung auf den Ski ermöglichen. Was Rabensteiner vor 15 Jahren erfand, hat mittlerweile viele Nachahmer, so auch unter den Skifirmen (u.a. Atomic). Die auf Maß angefertigten Schoner kosten bis zu 1200 Euro. Es gibt auch Standardmodelle, die als &bdquo;Skischuhdeckele“ außen auf die Skischuhzunge geklebt werden. Manuel Feller fährt mit diesen Riesentorlauf, und die gibt es für 80 Euro.

Die Frage der Legalität Dann ist noch die Frage, ob diese Einlagen regelkonform sind. Laut FIS gibt es keine Regel, die dagegen spricht. Noch nicht. Ein erster Vorstoß im vergangenen Frühjahr sei von den nationalen Skiverbänden abgeschmettert worden. Auch deshalb, weil Skifahrer mit Vorgeschichte dank der Schienbeinschoner wieder schmerzfrei fahren können. Siehe Marco Odermatt, oder siehe Nora Damian. Die Tierserin zog sich bei einem FIS-Super-G in Reinswald im Jänner 2024 an beiden Beinen einen Schien- und Wadenbeinbruch zu. Jetzt fährt sie wieder weitgehend schmerzfrei Ski – dank dem Power Booster, der ihre lädierten Füße entscheidend entlastet.

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