So kämpft Simon Maurberger um seine letzte Chance

Das waren noch Zeiten: WM-Bronzegewinner im Team Event 2019, 5. im Nacht-Slalom von Schladming, 8. im Parallel-Riesentorlauf von Chamonix – beides 2020 – oder 9. im Slalom von Kitzbühel 2022. Aber es ist lange her, dass Simon Maurberger mit der Weltklasse mitfuhr im Skirennsport. Nach einer schweren Knieverletzung – zugezogen 2020 – gab es für Maurberger nur mehr vereinzelte Ausreißer nach oben, der Rest war geprägt von Misserfolgen, falschen Material-Entscheidungen und noch mehr Enttäuschungen.

Die Folge: Raus aus dem Nationalteam im Frühjahr 2024, weit zurückgefallen in den FIS-Ranglisten (143. im Slalom, gar nur 245. im Riesentorlauf) und deshalb die logische Frage: Gut sein lassen oder auf eigene Faust weiterkämpfen? Der Teldra aus St. Peter im Ahrntal entschied sich – wenig überraschend – für Letzteres: Dank der Unterstützung seiner langjährigen Sponsoren, seinem Arbeitgeber, der Sportgruppe der Carabinieri, seiner Familie und der Skifirma Blizzard, die ihn am Ende des vergangenen Winters kurzerhand unter Vertrag nahm, will es Maurberger nochmals wissen.

Simon Maurberger fährt nicht mehr für das Nationalteam, sehrwohl aber noch für die Carabinieri-Sportgruppe. © privat

Und geht dafür neue Wege. Raus aus der Komfortzone, rein ins ganz harte Skifahrerleben, das vor allem einen finanziellen Kraftakt erfordert. Maurberger trainiert nicht nur mit der Carabinieri-Sportgruppe mit, er hat sich auch dem Global Racing Team unter der Führung des US- Cheftrainers Paul Epstein angeschlossen. Mit dem internationalen Privatteam (auch Stefan Luitz/Deutschland und Sam Maes/Belgien sind dabei) absolvierte der 29-Jährige letzthin am Gletscher von Saas-Fee das erste Skitraining. Als Vorgeschmack auf das, was nun kommt: Am Mittwoch trat Maurberger die 36-stündige Anreise nach Neuseeland an, wo er die nächsten 4 Wochen verbringen wird.

Über Venedig, London und Hongkong ging es nach Auckland, in der mit 1,4 Millionen Einwohnern größten Stadt in Neuseeland. Von der dortigen Nordinsel ging ein letzter Flug auf die Südinsel nach Queenstown, wo Maurberger mit weiteren Fahrern des Global Racing Teams eine Wohnung beziehen wird. Von dort sind es 18 Kilometer hinauf ins Skigebiet von Coronet Peak, wo Maurberger bis zum 15. September seine Trainingszelte aufschlägt. Und auch 6 Skirennen bestreiten wird – genauso wie Mega-Rückkehrer Marcel Hirscher. Maurberger: &bdquo;Ich werde 2 Riesentorläufe und 4 Slaloms bestreiten. 4 Rennen gehören zum Australia and New Zealand Cup, man kann also die gleich guten FIS-Punkte machen wie im Europacup. Sollten diese Rennen gut laufen, kann es in der Startliste schon gewaltig nach vorne gehen.“

Es wartet eine alles-oder- nichts-Saison Beim ersten Skitraining in der Schweiz stand vor allem das Kennenlernen mit den Trainern des Global Racing Teams im Vordergrund. Neben Cheftrainer Epstein sind das noch Nick Cooper (Kanada) und Pirmin Kothgasser, ein Österreicher. Ebenfalls vorbei geschaut hat auf dem Schweizer Gletscher auch Manfred Mölgg, der Renndirektor von Tecnica Group, zu der neben der Skifirma Nordica auch Blizzard gehört. &bdquo;Ich bin Manni sowie Jörg Ruedl unendlich dankbar, dass sie weiter an mich glauben und mir die Chance zum Neustart ermöglichen“, zeigt sich Maubi dankbar.

Der frühere Teamkollege Manfred Mölgg (r.) unterstützt Simon Maurberger. © P. Weißensteiner

Und noch etwas ist neu: Maurberger hat sich einen neuen Konditrainer geangelt. Mit René Baur ist es vor allem in Eishockeykreisen ein bekannter Name. Den Kontakt zum Coach des HC Pustertal und Tormann-Riesentalent Damian Clara hat Ex-Skirennfahrerin Hanna Schnarf hergestellt, die im Herbst ihrer Karriere ebenfalls mit Baur zusammen arbeitete. „Ich vertraue René Baur blind“ Simon Maurberger Maurberger: &bdquo;Ich habe zuvor 12 Jahre immer nach gleichen oder sehr ähnlichen Mustern Kondition gebolzt. Es hat einen neuen Anreiz, neue Impulse gebraucht. Nun ist es eine andere Trainingsphilosophie, andere Inhalte, mit komplett neuen Schwerpunkten. Ich vertraue René Baur blind. Ich muss meinen Körper dahin bringen, dass er vom Start bis ins Ziel maximal reagiert, dass die Kraft und Koordination ideal auf die Skier übertragen werden. Wir schauen beim Training extrem viel auf die Bewegungskontrolle.“ Ob er schon Veränderungen bemerkt? Maurberger: &bdquo;Schwierig zu sagen. Ich war auch in Vergangenheit schon immer extrem fit, aber ich habe die neuen Anreize gebraucht. Ich muss meinen Kopf neu fordern.“

So viel kostet der Neuseeland-Trip Zumal sich Maurberger bewusst ist, dass die kommende Saison eine entscheidende für seine Karriere sein wird, es ist eine alles-oder-nichts-Situation. Dies auch deshalb, weil er alles in Eigenregie planen musste: Die Skier richtet er sich schon seit dem Materialwechsel von Fischer zu Blizzard im März 2024 selber. „Platz für Kompromisse gibt es da nicht.“ Simon Maurberger Und dann sind da die finanziellen Ausgaben. Das Engagement beim Global Racing Team kostet geschätzte 50.000 Euro. Und auch um 12 Paar Skier für Training und Rennen nach Neuseeland zu bekommen, war nicht billig: 220 Kilogramm umfasste das gesamte Paket, das Kilo kostet 8 Euro. Also sind es rund 1700 Euro beim Hinflug und 1700 Euro beim Rückflug, die Maurberger hinblättern muss. &bdquo;Es ist klar, dass sich so eine finanzielle Belastung nur einmal ausgeht. Aber ich will das Beste für mich und meine Situation, Platz für Kompromisse gibt es da nicht“, gibt er sich kämpferisch.

Ein Dank an Freundin und Familie Und: &bdquo;Druck mache ich mir keinen. Ich sehe nun viele Dinge sehr klar, bin extrem fokussiert und weiß es zu schätzen, dass ich so viele Leute zwischen meiner Freundin Ally, meine Familie, Freunde, die treuen Sponsoren und die Carabinieri-Sportgruppe um mich habe, die weiterhin an mich glauben. Normal bekommt man ja alles bezahlt, und das Athletenleben ist schon ein sehr privilegiertes. Es jetzt von einer anderen Seite kennen zu lernen, ist eine neue Herausforderung. Aber ich nehme es an.“

Fernab von seiner Heimat St. Peter im Ahrntal, von Südtirol, von Europa wird Simon Maurberger die nächsten 4 Wochen in Neuseeland trainieren und Rennen bestreiten, die ihn hoffentlich einen ersten Schritt zurück in den Dunstkreis der Weltklasse befördern. Dass er liefern muss, weiß der 29-Jährige selber. Hilfe von seiten der Nationaltrainer hat er als &bdquo;kaderloser“ Fahrer freilich keine zu erwarten. Nur wenn er sich über Top-Platzierungen und der Verbesserung der FIS-Punkte ins Rampenlicht zurück fährt, hat er noch eine Chance. Die Fähigkeiten, die Klasse hat er – das hat er schon bewiesen. Und mit Hannes Zingerle hat er einen bekannten Vorgänger, der ebenfalls nach seinem Rauswurf aus dem Nationalteam nicht aufgab und sich über das Global Racing Team zurück kämpfte.

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So kämpft Simon Maurberger um seine letzte Chance

Gut sein lassen mit dem Skirennsport oder nach Jahren des Misserfolgs doch noch einmal weiterkämpfen? Simon Maurberger hat sich für Letzteres entschieden. Dafür nimmt er jetzt einen riesengroßen finanziellen Kraftakt und eine 36-stündige Reise auf sich.

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