Schlaflos auf der Saslong: Das ist der härteste Job in Gröden

Die kolossale Nebelschwade schleicht über den steilen Zielhang hinab, bereit, die Zungenspitze der Saslong in ein graues Kleid zu hüllen. Der Schneeregen, mal stärker, mal schwächer, dient quasi als Geleitschutz und tut sein übriges, dass im Grödner Ski-Mekka ein echtes &bdquo;Sauwetter“ vorherrscht. Eigentlich hätte an diesem Freitag auf der legendären Saslong das 100. Weltcuprennen steigen sollen, doch bei diesen Bedingungen ist das natürlich undenkbar.

Es ist 14 Uhr, der Zielraum ist so gut wie leer. Die Athleten sind längst im gemütlichen Hotelzimmer, die Journalisten hauen in der zum Pressezentrum umfunktionierten Turnhalle von St. Christina in die Tasten, die Fans tanzen im Après-Ski-Zelt zum Ballermann-Beat. Nur einer freut sich nun auf etwas, an das die meisten anderen um diese Tageszeit wohl nicht denken: Schlaf. Zumindest auf ein bisschen davon. Horst Demetz ist der Pistenchef in Gröden und somit verantwortlich dafür, dass die Saslong in einem weltcupwürdigen Zustand ist. Die letzte Nacht hat ihm einiges abverlangt.

Seit 33 Stunden wach &bdquo;Am Donnerstag bin ich um 5 Uhr morgens aufgestanden und seitdem nicht mehr schlafen gegangen“, sagt der Wolkensteiner am frühen Freitagnachmittag, also mit rund 33 Stunden in den Beinen. Die müden Augen des 53-Jährigen zeigen, dass das an die Substanz geht. Doch so gestaltet sich nun mal das Leben eines Pistenchefs. Seit 1999 übt Demetz diesen Job in Gröden aus und sorgt mit seinem Team Jahr für Jahr dafür, dass Kamelbuckel, Ciaslat-Wiesn und Kleine Mauer optimal präpariert sind. Und dazu gehören eben auch Nächte wie die vergangene.

Kein Rennen: Der Super-G konnte am Freitag nicht durchgeführt werden. © ANSA / ANDREA SOLERO

&bdquo;Donnerstagabend ist das Problem rausgekommen“, sagt Demetz und meint damit: Es hat angefangen zu schneien. Und zwar ordentlich. &bdquo;Ich bin gegen Mitternacht rauf auf die Piste und habe dort ein bisschen gepasst, so wie ein Fuchs, habe also beobachtet, wie sich das Wetter entwickelt“, schmunzelt der Familienvater. &bdquo;Gegen halb 2 morgens habe ich dann die beiden Rennchefs Hannes Trinkl und Raimund Plancker kontaktiert und dann sind die Schneekatzenfahrer angerückt.“ „Gegen die Natur haben wir halt keine Chance.“ Horst Demetz Nun musste die 2,4 Kilometer lange Super-G-Strecke von den vielen Neuschneemassen befreit werden. &bdquo;Da muss man vorsichtig und überlegt agieren, damit die Piste darunter nicht beschädigt wird“, so Demetz, der auf den Schneekatzen stets mit an Bord ist. In den frühen Morgenstunden rückten die 90 freiwilligen Helfer an, die der Strecke den Feinschliff verleihen und sie rennfertig machen sollten. Doch an diesem Freitag wollte es nicht sein: Die hohen Temperaturen am Morgen, der dadurch entstandene pappige Schnee und die Nebelwände sorgten dafür, dass kein Rennen ausgetragen werden konnte.

So sah es am frühen Freitagnachmittag im Zielgelände von Gröden aus.

So etwas tue natürlich weh, erklärt Horst Demetz. &bdquo;Aber es ist nun mal so. Wir können die technischen Voraussetzungen schaffen, aber gegen die Natur haben wir halt keine Chance.“ Der Pistenchef kann es verkraften, denn mittlerweile ist er auch in diesen Dingen abgeklärt wie ein alter Hase. Seit er 19 Jahre alt ist, wirkt Demetz in Gröden mit. Zunächst war er elf Jahre lang für den mittleren Abschnitt der Strecke verantwortlich, seit 1999 kümmert er sich um die ganze Saslong. &bdquo;Es ist ein Job, bei dem das ganze Jahr über zu tun ist. Ich muss schauen, dass das richtige Material – also Schaufeln, Netze und so weiter – vorhanden ist. Richtig intensiv wird es ab Oktober, denn da werden die A-Fangnetze montiert, danach geht es Schlag auf Schlag“, so Demetz, der auch als Skilehrer arbeitet und gelegentlich bei seiner Schwester auf einer Almhütte aushilft.

Voller Adrenalin Die Saslong ist für den Grödner Pistenchef eine Faszination. &bdquo;Wir haben jedes Jahr andere Bedingungen. Mal ist viel Schnee, mal wenig, mal trocken, mal weich. Das ist immer eine tolle Herausforderung“, so Demetz, der nach diesem Gespräch auch schnell wieder los muss. &bdquo;Ich muss mich kurz aufs Ohr legen, drei Stunden gehen sich aus. Dann heißt es wieder ab auf die Piste. Es soll wieder schneien, deshalb wartet auch in dieser Nacht viel Arbeit auf uns.“ Wie er es schafft, so lange so konzentriert zu bleiben? &bdquo;Das ist das Adrenalin“, sagt Horst Demetz. &bdquo;Danach werde ich wahrscheinlich drei Tage lang durchschlafen.“

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