„Prozedere der Wildcards war falsch und zeitlich schlecht getaktet“

Und das nicht nur, weil die Saison mit ihren Rückkehrern Lucas Braathen und wohl auch Marcel Hirscher eine ganz besondere wird. Waldner sprach mit s+ vor dem Saisonauftakt am Rettenbachferner oberhalb von Sölden über den Rennkalender, die ominösen Wildcards, neue Sicherheitsvorkehrungen und die Rückkehr von Marcel Hirscher.

...die deutlich weniger Rennen im Kalender als im Vorjahr (damals waren es 45, heuer sind es nur mehr 38):

&bdquo;Die 45 Rennen hat uns damals der FIS-Präsident höchstpersönlich reingedrückt. Er hat viel zu viele Wünsche berücksichtigt, der Kalender war nicht unbedingt gut durchdacht. Im vergangenen Frühjahr haben wir uns mit den Speed-Athleten zusammengehockt, das erste Mal in Kvitfjell, das zweite Mal beim Finale in Saalbach-Hinterglemm. Das Credo war: Schluss mit dem Gejammere wegen der zu großen Belastung, der vielen Reiserei usw. – wir müssen Klartext reden. Denn auf die Abfahrer hört der Herr FIS-Präsident Eliasch schon, denen schenkt er Gehör. Wir haben jetzt einen Kalender beieinander, der noch nicht ganz perfekt ist, der aber Sinn macht. Auch im Sinne der Nachhaltigkeit.“

...die fehlende Balance zwischen technischen (21 Rennen) und Speed-Disziplinen (17):

&bdquo;Die ist ein Fakt, zudem besteht in den Speedrennen immer die größere Gefahr, dass wegen dem Wetter eher abgesagt werden muss als ein Slalom. Aber wir haben versucht, das bestmögliche zu machen und haben auch die Reiserouten gut koordiniert. Natürlich fehlen uns weiterhin die Speedrennen in Lake Louise am letzten November-Wochenende. Aber wir haben es hinbekommen, die Erholungszeiten zu optimieren und im Jänner nicht mehr 3 Speed-Wochenenden hintereinander abzuhalten.“

In Sölden ist alles angerichtet. © APA / EXPA/JOHANN GRODER

...die Abschaffung der Doppel-Abfahrten und -Super-G’s:

&bdquo;Das war vor allem der Wunsch der Speedfahrer. Sie haben Recht, dass es nur einen Abfahrtssieger im Jahr in Kitzbühel oder in Wengen oder Gröden geben soll. Natürlich bringt es mehr Arbeit mit sich, wenn jetzt wieder der Super-G vor der Abfahrt gefahren wird, aber dass die blauen Linien die Abfahrtspiste verhunzen, kann kein entscheidendes Kriterium sein. Mit der Rückkehr zu Super-G und Abfahrt haben wir auch mehr Spielraum, sollte das Wetter nicht mitspielen. Wir können mit dem Programm flexibler jonglieren.“ „Es braucht immer einen schweren Unfall wie den von Aamodt Kilde in Wengen, bevor in Sicherheitsfragen etwas weitergeht.“ Markus Waldner ...die neuen Sicherheitsvorschriften bei Airbag und schnittfester Unterwäsche:

&bdquo;Der Airbag ist reglementiert und auf dem Papier auch Pflicht, aber immer noch inmitten heftiger Diskussionen. Hier in Sölden sollte diesbezüglich ein klares Signal vom FIS-Vorstand kommen. Ich hoffe nicht, dass es nochmals aufgeschoben wird. Was die Unterwäsche betrifft, so ist diese empfohlen, aber nicht bindend. Es braucht immer einen schweren Unfall wie den von Aamodt Kilde in Wengen, bevor in Sicherheitsfragen etwas weitergeht. Wohl die allermeisten Athleten werden diese Unterwäsche benutzen, vor allem die Hosen.“

...die vielen gemeinsamen Austragungsorte von Damen- und Herrenrennen (u.a. Sölden, Levi, Gurgl, Beaver Creek, Garmisch, Kvitfjell, das Finale in Sun Valley):

&bdquo;Das war eigentlich nicht meine Wunschvorstellung, hat sich aber so ergeben. So haben zum Beispiel die Amis wegen den Damenabfahrten in Beaver Creek extrem gepusht, dabei fährt die Shiffrin heuer gar keine Abfahrten. Und unter uns: Die Abfahrt in Beaver Creek ist für viele Herren schon arg am Limit. Ich hoffe, dass sie die Damen heil runterbringen.“

Christof Innerhofer & Co. bestreiten auch heuer zwei Rennen auf der Saslong. © AFP / TIZIANA FABI

...über die Herren-Weltcups in Südtirol:

&bdquo;Gröden hat wieder Super-G und Abfahrt, das ist top, das werden gewaltige Rennen. Der Riesentorlauf in Alta Badia ist ein Mega-Highlight, jetzt kommt wieder der Slalom zurück. Es gibt mehrere Überlegungen, wie er selektiv und spektakulär werden kann. Sinn würde machen, dass man den Slalom wieder als Nachtrennen am Montag fährt, zumal die Flutlichtanlage ja bereits besteht.“

...über die famose Wildcard für Comebacker Marcel Hirscher (sie erlaubt ihm, nach den top 30 zu starten):

&bdquo;Solche Wildcards gibt es in anderen Sportarten auch, die passt zu 100 Prozent. Nur das Prozedere, die Vorgehensweise, war falsch und zeitlich schlecht getaktet. Man hätte im Frühling dem FIS-Council einen Vorschlag machen sollen. Aber die FIS-Athletensprecher sind ohne Absprache mit den Athleten und den Verbänden vorgeprescht. Das hat auf mehreren Ebenen für ziemlichen Unmut gesorgt.“ „Marcel Hirscher? Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass es nochmals nach ganz vorne reicht für ihn.“ Markus Waldner ...die Comebacks von Lucas Braathen und Marcel Hirscher:

&bdquo;Braathen wird zweifellos wieder in der Weltklasse mitmischen. Er war ja nur ein Jahr weg, das passiert Fahrern mit Verletzungen auch. Bei Hirscher lasse ich mich selbst überraschen, wann es soweit sein wird. Und: Wo wird er landen? Ich bin nur der Überzeugung, dass mit dem früheren Hirscher-Gecarve, das ihn so stark gemacht hat, heute nix mehr geht. Nur wenn er imstande ist, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen, wird er eine Rolle spielen. Aber er war jetzt 5 Jahre weg, das ist eine sehr lange Zeit. Die Entwicklung hat riesige Schritte gemacht, die Klasse der weltbesten Athleten ist extrem hoch. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass es nochmals nach ganz vorne reicht für ihn.“

...die größte Herausforderung in der Zukunft:

&bdquo;Zweifellos das Wetter mit seinen abrupten Änderungen zwischen Regen, Wind, Sturm und hohen Temperaturen. Und dass diese Wetterwechsel immer schneller und kurzfristiger eintreffen. Und das zweite ist sicher, dass wir imstande sein müssen, das hohe Level der Weltcup-Veranstalter zu halten. Wir haben das Glück, in einer Situation zu sein, wo ständig neue Kandidaten in den Kalender hereindrücken und Rennen durchführen wollen. Andere Sportarten haben das nicht – im Gegenteil, dort fallen Veranstalter zunehmend weg. Alle Veranstalter im Skiweltcup sind extrem seriös und hochprofessionell. Sie halten die ganze Tour am Leben – sie sind mit den Athleten das unumstrittene Herzstück des Skirennsports.“

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„Prozedere der Wildcards war falsch und zeitlich schlecht getaktet“

Auf geht’s in einen neuen Skiweltcupwinter. Zum 31. Mal mit Sölden als Premierenort. Und zum 11. Mal mit Markus Waldner als FIS-Renndirektor bei den Herren. Der 61-Jährige aus Brixen freut sich trotz der extremen Herausforderungen auf die nächsten 5 Monate.

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