
Barnabás und Benjamin Szollos geben sich gut gelaunt – den Begleitumständen zum Trotz. © SN
„Polizisten mit Pistolen im Hotel“: Die etwas andere Ski-WM
Medaillenpartys in den angesagtesten Clubs, gemütliches Beisammensein mit Familie und Fans, entspannte Spaziergänge im Schnee – so lassen die Ski-Stars bei der WM abseits der Piste die Seele baumeln. Für die Brüder Barnabás und Benjamin Szollos sieht die Welt in Saalbach-Hinterglemm jedoch ganz anders aus.
13. Februar 2025
Aus Saalbach-Hinterglemm

Von:
Alexander Foppa
„Wir halten uns wenig draußen auf und schauen, uns nicht erkenntlich zu machen“, sagt Benjamin Szollos am Mittwochnachmittag. Er hat gerade die Team-Kombi bestritten und dort mit seinem Bruder Barnabás Ski-Geschichte geschrieben. Erstmals stellt ein Brüderpaar bei einer WM ein ganzes Team. Ein respektabler 20. Platz steht ihnen zu Buche. Dennoch merkt man im Gespräch mit Benjamin Szollos, dass das Sportliche in diesen Tagen immer wieder in den Hintergrund rückt. Der Grund? In ihrem Heimatland herrscht Krieg.
Die Szollos-Geschwister starten in Saalbach-Hinterglemm für Israel. Als Ski-Exoten wollen sie aber nicht bezeichnet werden. Denn geboren sind sie in Ungarn, als Jugendliche sind sie nach Österreich übersiedelt und haben dort das Skifahren erlernt. „Den Sommer verbringen wir in Ungarn, den Winter über sind wir viel in Österreich“, sagt Benjamin Szollos. In Israel sind sie ein Mal im Jahr für mehrere Wochen. „Dennoch lässt einen das nicht kalt, was gerade zuhause passiert.“
„Draußen auf der Straße müssen wir vorsichtig sein“ Benjamin Szollos
Die politische Lage in Israel, der Krieg in Palästina sind natürlich auch im Salzburger Alpental ein Thema. Zwar versuchen die Israelis, das alles während der Rennen auszublenden, „doch abseits der Piste gelingt das nicht immer. Zumal wir draußen auf der Straße etwas vorsichtig sein müssen, etwa auf dem Weg zum Training oder bei öffentlichen Auftritten“, schildert Benjamin Szollos ihren Alltag. In Österreich gebe es keine Probleme, dennoch vermeide man den Schriftzug Israel auf Jacken und Pullovern.
Am Kronplatz daheim
Benjamin und Barnabás sind Teil der großen Szollos-Familie, die de facto ein eigenes Skiteam stellt. Ihre Schwester Noa bestreitet die technischen Disziplinen. Auch die Eltern sind hautnah dabei. Gemeinsam bemühen sie sich um Normalität im Alltag. An die „mit Pistolen bewaffneten Polizisten“, die rund um die Uhr an der Hotel-Rezeption patrouillieren, haben sie sich gewöhnt. „Man grüßt sich und geht weiter“, sagt Barnabás Szollos schmunzelnd.Barnabás Szollos ist in Saalbach-Hinterglemm auch wegen seiner wehenden Haarpracht ein Hingucker. © APA/afp / DIMITAR DILKOFF
Barnabás ist mit seinen 26 Jahren der jüngere der beiden Szollos-Brüder, bestreitet allerdings bereits seine vierte WM. Die Vorbereitung erfolgte in weiten Teilen in Südtirol. „Der Kronplatz ist eigentlich unser Hausberg. Dort trainieren wir seit Jahren, fahren regelmäßig kleinere Rennen. Neben Israel, Ungarn und Österreich ist auch Südtirol unsere Heimat“, sagt Barnabás Szollos. Dabei zwinkert er mit dem Auge.
„Mit meinem Bruder zu starten, war ein unglaublich schönes Erlebnis“ Barnabás Szollos
Den ganzen Begleiterscheinungen zum Trotz versprühen die Israelis in Saalbach-Hinterglemm viel gute Laune. Und das soll auch die nächsten Tage so bleiben. Barnabás Szollos fährt bei dieser WM nämlich alle Rennen. „Mit meinem Bruder an den Start zu gehen, war ein unglaublich schönes Erlebnis. Aber ich bin schon etwas müde“, sagt er und holt tief Luft. Dennoch will er die Qualifikation für die Technik-Bewerbe in Angriff nehmen – und sich mit seinem Bruder konkurrieren. Spätestens dann, wenn sich die Szollos' Helm und Brille überziehen, rückt das Sportliche wieder voll und ganz in den Vordergrund.
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