Peter Fills neue Chef-Rolle: Nicht alle waren happy

Er ist der Gewinner von 3 Kristallkugeln – 2 Abfahrt, 1 Kombi – und hat 2020 seine Karriere nach 355 Weltcuprennen mit 3 Siegen und 19 Podestplatzierungen beendet. Dann begann für Peter Fill nahtlos die nächste Karriere – als Skitrainer.

Sie sind seit einigen Monaten Cheftrainer der italienischen Riesentorlaufgruppe. Von den 5 Athleten haben De Aliprandini und Borsotti viel Erfahrung, Della Vite, Franzoni und Zingerle sind eher jung. Kann man das überhaupt händeln, damit alle zufrieden sind?

Peter Fill: &bdquo;Das ist schon sehr anspruchsvoll. Erstens habe ich nicht die große Erfahrung wie andere, ich meine als Trainer. In unserem Team sind die 3 Jungen gewohnt, viel zu arbeiten, bei den 2 älteren braucht es Hartnäckigkeit, sie bei Laune zu halten. Das macht es speziell. Dies alles auf einen Nenner zu bringen, war bisher die größte Herausforderung. Aber ich bin zufrieden, wie wir das hinbekommen haben. Die Stimmung in der Mannschaft ist gut, wir arbeiten alle sehr gut zusammen.“

Wer gehört alles zum Team?

&bdquo;Adam Peraudo kümmert sich hauptsächlich um Franzoni und Borsotti, weil sie auch Richtung Super-G viel trainieren. Davide Marchetti ist der Trockentrainer, Physio Luca Liorda war in der Jugendabteilung von Real Madrid. Dann sind noch 3 Serviceleute mit dabei.“

Waren Sie überrascht, als Rennsportleiter Max Carca an Sie herangetreten ist, diese Gruppe als Chef zu übernehmen?

&bdquo;Ich muss weit ausholen. Mein Plan war nach dem Rücktritt, dass ich mich um die Sponsoren kümmere in der FISI. Das hätte auch Verbandspräsident Flavio Roda gerne so gesehen. Bis dahin sollte ich als Hilfstrainer in ein junges Team hineinschnuppern, auch weil ich damals mit der Trainerausbildung begonnen hatte. Dann kam Covid, und es waren keine Sponsoren zu betreuen. Also blieb ich Trainer, und die Saison darauf war ich schon in der B-Nationalmannschaft, und nun bin ich hier.“

<a data-caption="Das Weltcup-Riesentorlaufteam der „Azzurri“: Vorne von links Filippo Della Vite, Giovanni Franzoni, Physio Luca Riorda, Konditrainer Davide Marchetti, Hannes Zingerle und Luca De Aliprandini; hinten von links Giovanni Borsotti und Cheftrainer Peter Fill." data-fancybox="inline-179287" target="_image" href="https://s3-images.sportnews.bz/_images/scale/1280x1280/img/2023/10/das-weltcup-riesentorlaufteam-der-azzurri-vorne-von-links-filippo-della-vite-giovanni-franzoni-physio-luca-riorda-konditrainer-david.jpg"> Das Weltcup-Riesentorlaufteam der „Azzurri“: Vorne von links Filippo Della Vite, Giovanni Franzoni, Physio Luca Riorda, Konditrainer Davide Marchetti, Hannes Zingerle und Luca De Aliprandini; hinten von links Giovanni Borsotti und Cheftrainer Peter Fill.

Eine extrem anspruchsvolle Aufgabe, oder?

&bdquo;Ich hatte zunächst schon Bedenken. Was mir fehlt, ist die Erfahrung. Als Athlet bringe ich sie ja mit, aber als Trainer ist es ein völlig anderes Paar Schuhe. Man muss jeden Athleten lesen können: Die einen muss man bremsen, andere hingegen motivieren, auch bei widrigsten äußeren Bedingungen so gut als möglich zu trainieren. Jeder Athlet muss wachsen und besser werden. Die Aufgabe von uns Trainern ist es, ihnen die Trainingsmöglichkeiten so zu bieten, damit es passt. Ist eine Piste ramponiert und quasi unfahrbar, dann soll sich trotzdem jeder durchbeißen. Das ist mit den jungen Fahrern wesentlich leichter als mit den Routiniers. Wir haben das Training bisher sehr variabel gehalten, sind auch Slalom und Super-G gefahren, der Spaßfaktor war hoch.“

Gab es mit Riesentorlauf-Aushängeschild Luca De Aliprandini vor Ihrer Einstellung als Cheftrainer Vorgespräche?

&bdquo;Wir waren schon im Vorjahr sehr oft zusammen, haben da aber isoliert voneinander trainiert, weil er ein Schützling meines Vorgängers Walter Girardi war. Das war dann schon schwierig. Als es zum Trainerwechsel kam, war Luca nicht ganz happy. Es hat seine Zeit gebraucht, ein gewisses Gefühl, ein Vertrauen aufzubauen. Mittlerweile funktioniert es gut, man kann mit ihm sehr gut diskutieren und sich austauschen. Seine Fahrweise ist stets am Limit, er fährt extrem aggressiv, sein Biss und sein Angriffswille sind top. Wir arbeiten hauptsächlich an der Stabilität.“

„Als es zum Trainerwechsel kam, war Luca De Alpirandini nicht ganz happy. Peter Fill

Wie geht es Giovanni Franzoni, der im Vorjahr in Wengen schwer stürzte und dann den Rest der Saison verpasste?

&bdquo;Franzoni hat eine sehr komplexe Verletzung mit Sehnenausriss an der hinteren Oberschenkelmuskulatur hinter sich. Er ist immer noch am herantasten, das Selbstvertrauen kommt nicht von heute auf morgen. Zuletzt mussten wir ihn in seinem Tatendrang aber schon wieder bremsen. Franzoni hat vor 2 Jahren die Europacup-Gesamtwertung gewonnen, war bis zur Verletzung im Super-G unter den Top 30 im Weltcup, hat nun aber alle Punkte verloren, weil die FIS jene Athleten bestraft, die in allen Disziplinen starten. Aber er wird wieder kommen. Stärker als je zuvor.“

Hannes Zingerle ist jetzt mit dabei, nachdem er im Vorjahr quasi im Alleingang den Weg zurück geschafft hat. Wie verhält man sich da als Trainer?

&bdquo;Seine letzte Saison war sehr gut, er hat sich im Global Racing Privatteam sehr wohlgefühlt. Für Hannes ist es wichtig, dass er ein Umfeld hat, in dem es ihm als Mensch passt. Das war in Vergangenheit beim Nationalteam nie richtig der Fall. Das war auch unsere Sorge, aber er fühlt sich jetzt wohl. Er hat auch seine Verletzungen vom Sommer (Bänderriss im Knöchel, Muskelverletzung im Oberschenkel) gut auskuriert. Bei einem FIS-Rennen in Ushuhaia fuhr er als Zweiter schon sehr passabel, seitdem geht es stark aufwärts.“

Was kann man sich beim Saisonauftakt in Sölden von den &bdquo;Azzurri“ erwarten?

&bdquo;Wir haben sehr gut gearbeitet, alle haben einen Schritt gemacht. Ob die Resultate gleich kommen oder nicht, wird sich am Sonntag zeigen. Es ist ein Rennen und es steht nicht die ganze Saison auf dem Spiel.“

Sie sind jetzt Cheftrainer und haben in einem Skiland wie Italien nicht nur auf der Piste, sondern auch außerhalb sehr viel um die Ohren. Wie läuft's?

&bdquo;Ideal war es eigentlich nur in Ushuaia. Dort war alles genau strukturiert, wir hatten unsere Trainingspisten, waren immer am gleichen Ort und ich konnte mich auf der Piste voll einbringen. Jetzt sind wir auf der ständigen Suche nach Trainingspisten. Aktuell sehe ich 2, maximal 3 Fahrten, dann muss ich weiter zur nächsten Sitzung, zum nächsten Telefonat. Das ist schon mühsam, und weil ich doch 3 Sprachen spreche, bin ich umso mehr eingespannt bei allen Verhandlungen.“

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