Nadia Delago: „Aufgeben war nie eine Option“

Es war am 15. Februar 2022, als Nadia Delago in der Olympia-Abfahrt von Peking nur von Corinne Suter (Schweiz) und Teamkollegin Sofia Goggia geschlagen wurde. Versüßt wurde jene Saison mit 5 Top-8-Platzierungen in der Abfahrt. Ein Jahr später der totale Absturz: In 15 Rennen zwischen Abfahrt und Super-G klassierte sich die Grödnerin nur 6 Mal in den Punkten, Rang 23 in Lake Louise war das beste Ergebnis. Am Ende war die Verunsicherung so groß, dass Delago die Saison in Kvitfjell Anfang März vorzeitig abbrach, um nach einer längeren Pause Mitte April beim Skitraining in Livigno wieder bei Null zu beginnen. Vor dem Weltcup-Speed-Saisonstart in Cervinia am Wochenende stellte sich Nadia Delago den &bdquo;Dolomiten“-Fragen.

Am Wochenende geht’s los: Kribbelts bereits?

&bdquo;Ich bin mir noch nicht ganz bewusst, dass es los geht, vor allem, dass es heuer so früh los geht. Ich bin darauf fokussiert, dass die Rennen in Cervinia auch stattfinden – Wetter hin, Wetter her. Ich bin zuversichtlich, dass wir am Wochenende fahren können.“

Die Piste gilt als nicht sehr anspruchsvoll. Ein Vorteil?

&bdquo;Ich glaube, dass sie vom Schwierigkeitsgrad genau richtig ist, um in die Saison zu starten. Aber sie ist nicht zu unterschätzen, weil die Höhe von fast 3700 Metern durchaus eine Rolle spielt. Wir sind nach dem Sommertraining in Ushuaia nicht mehr Speed gefahren, deswegen müssen wir uns erst wieder herantasten. Ich werde sicher alle 3 Trainingsfahrten machen, sollte es das Wetter zulassen.“

Nadia Delago hat bei den Olympischen Spielen in Peking 2022 die Bronzemedaille in der Abfahrt gewonnen. © AFP / JEFF PACHOUD

Sie haben eine schwierige Zeit hinter sich: Im Weltcup kam es zum totalen Absturz, die WM fand ohne Sie statt, sie haben die Saison vorzeitig beendet– erzählen Sie kurz, wie es im Frühling 2023 war…

&bdquo;Es war schon sehr schwierig. Es begann im November 2022, dass es mir in Copper Mountain gesundheitlich nicht gut ging und ich 2 Wochen kaum trainieren konnte. Die Höhenlage dort machte es nicht einfacher, gesund zu werden. In Lake Louise war ich nicht bereit, in St. Moritz wurde es noch schlechter. Ich kam in eine Negativ-Spirale hinein, wo ich nicht mehr weiter wusste. Es war sehr schwer, vom Kopf her damit fertig zu werden. Das einzige Positive daran: Ich habe viel daraus gelernt.“

Wäre es besser gewesen, ab Weihnachten 2022 eine längere Pause einzulegen?

&bdquo;Keine Ahnung. Ich bin Rennfahrerin, und als solche war es für mich richtig, die Rennen weiter zu fahren. Natürlich: Es wurde und wurde nicht besser, und erst Anfang März in Kvitfjell habe ich den Stecker gezogen. Erst dann habe ich eine lange Pause gemacht und bin im April am San-Pellegrino-Pass und in Livigno wieder Ski gefahren. Es hat sich komplett anders angefühlt als vorher, ich war auf einmal wieder viel freier.“

Sie waren nur 6 Mal in den Punkten, und auch da nie besser als 23.

&bdquo;Es war wie bereits beschrieben schlimm. Sicher: Dass es so weiter geht wie im Jahr zuvor, als ich ohne lange zu überlegen alles richtig gemacht habe und als Sahnehäubchen sogar Olympia-Bronze abholte, konnte ich nicht erwarten. Aber dass ich so abstürzen würde, konnte ich mir nicht ausmalen. Aber was soll's? Es ist so passiert und ich musste es so akzeptieren.“

Wie haben Sie diese schwere Zeit durchgestanden?

&bdquo;Ich hatte viele Leute um mich herum, meine Familie und vor allem meine Schwester Nicol, meinen Freund Patrick, meine Freundinnen. Und ich habe verstanden: Das Leben geht weiter, es gibt andere Sachen, die wichtiger sind. Mir wurde auch bewusst, dass alles relativ ist. Ich musste niemandem beweisen, was ich kann. Natürlich ärgert man sich, wenn es sportlich nicht läuft.“

Nadia Delago in Aktion. © ANSA / JEAN-CHRISTOPHE BOTT

Wie war der Frühling und Sommer?

&bdquo;Ich war mit meinem Freund 10 Tage lang im Urlaub, im Oman und in Dubai. Dann begannen die Trockentrainingsblöcke, die ich zu Hause mit meinem Kondi-Trainer Günther Taschler machen konnte. Die Trainingsblöcke auf Skiern in Les Alpes, Ushuaia und in der Schweiz sowie zuletzt in Sulden haben mich dann schon weitergebracht.“

Was haben Sie aus der jüngeren Vergangenheit gelernt?

&bdquo;Nur nicht zu schnell aufgeben! Viele Situationen machen einen nur stärker, man hat nie ausgelernt.“

Was sind die Ansprüche, die Sie an die Zukunft stellen?

&bdquo;Was mir im Vorjahr fehlte, war der Spaß beim Ski fahren. Entweder war ich krank, oder ich hatte permanent zu kalt, oder ich war auf meinen Skiern nur der Passagier, anstatt der Chef. Irgendwann war alles nur mehr Druck. Jetzt freue ich mich einfach darauf, wieder Ski zu fahren, Spaß zu haben. Ich werde mit positivem Gedanken herangehen. Ich bin in der Abfahrt noch unter den Top 30, aber ich mache mir keinen Druck, dass ich unbedingt Ergebnisse liefern muss. Ich denke nicht an die Platzierungen, sondern nur an das Skifahren.“

Haben Sie im Hinblick auf die neue Saison etwas geändert, oder mussten Sie ganz einfach etwas ändern?

&bdquo;Wir haben sehr viel getestet und am Skischuh einige Dinge geändert. Zudem haben meine Schwester Nicol und ich bei Atomic einen neuen Skiman. Es ist Walter Compagnoni aus Bormio, der die letzten Jahre aus familiären Gründen pausierte, zuvor aber die Skier von Kurt Sulzenbacher präparierte.“

Nadia (links) und ihre Schwester Nicol Delago (rechts).

Welche Rolle spielte in der jüngeren Vergangenheit Ihre Schwester Nicol?

&bdquo;Eine große. Wir haben viel Material getestet, auch neue Skischuhe ausprobiert. Sie spürt die Skier extrem gut. Sie ist eine große Hilfe für mich, wir sind im Zimmer immer beisammen. Natürlich ist bei uns der Skisport ständig präsent, und sie hat mir unzählige wertvolle Tipps gegeben. Aber auf der Piste, da muss ich natürlich selber schauen, wie ich es am besten angehe.“

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