Innerhofer: „Ich weiß, dass fast niemand mehr an mich glaubt“

S+ hat sich mit dem fünffachen Medaillengewinner bei Olympia und WM vor dem Saisonstart in Zermatt/ Cervinia ausgiebig unterhalten.

Sie starten am Wochenende in Ihre 18. (!) Weltcupsaison. Gibt es noch so etwas wie Aufregung bei Ihnen?

Innerhofer: &bdquo;Es ist schwierig. Gefühlt ist es für mich gleich schwierig wie bei meinem Weltcupdebüt 2006. Da wusste ich auch nicht, wo ich stehe. Jetzt ist es ähnlich. Aber ich hoffe, dass es nicht mein letztes ist. Ich starte wieder einmal bei Null, bin eigentlich nur in der 1. Abfahrt am Samstag in Zermatt unter den Top 30. Wenn ich da nicht liefere, falle ich womöglich aus den Top 30 raus und muss dann von ganz hinten aus starten. Ich versuche aber, mich dadurch nicht beeinflussen zu lassen.“

Sie werden im Dezember 39, die große Lust auf's Skifahren ist Ihnen aber nicht abhanden gekommen, oder?

&bdquo;Ich bin noch immer top motiviert und habe soviel trainiert wie noch nie. Ich war nur 4 Tage im Urlaub, ansonsten gab es nur Training, Training. Ich freue mich alle Tage darauf, egal ob im Fitnessstudio oder auf dem Rad. Ich werde am 17. Dezember 39 Jahre alt, aber ich fühle mich wie vor 15 Jahren.“

„Ich war nur 4 Tage im Urlaub, ansonsten gab es nur Training, Training.“ Christof Innerhofer

In den letzten 2 Jahren fuhren Sie nur 3 Mal in die Top 10. &bdquo;Warum quält der sich weiter?“, heißt es oft. Ihre Antwort?

&bdquo;Die letzten 2 Jahre waren sehr schwierig, das stimmt. Mir ist auch bewusst, dass fast niemand mehr an mich glaubt. Ich kann sie an einer Hand abzählen. Wichtig ist, dass ich selber an mich glaube. Aber: Ich bin dankbar für jeden Moment, den ich bisher als Athlet erleben durfte. Das Leben ist keine Einbahnstraße, es geht nichts von alleine. Für mich ist es kein Problem, wenn ich nicht besser werde als 22. oder 25. Ich muss keinen Abgang als Weltmeister haben. Ich will meinen Traum weiterhin leben: Ski fahren, Rennen fahren, jeden Tag Sport auf Top-Niveau betreiben.“

Am Ende des Tages werden Sie aber an Ergebnissen gemessen, und die haben gefehlt...

&bdquo;Ich kann viel besser fahren, als ich es zuletzt gezeigt habe. Ich war im Vorjahr in den Trainings immer sehr schnell, war außer in Aspen immer mindestens einmal in den Top 7. Gefuchst hat die letzte Zeit das Material, mein Setup. Dadurch habe ich viel vermurkst.“

Christof Innerhofer hatte im Vorjahr Probleme mit dem Setup.

Sie gelten als akribischer Tüftler. Zuviel?

&bdquo;Ich habe heuer gar nichts mehr probiert, ich fahre mit dem Material, das ich habe. Ich will nicht mehr tüfteln. Ich wurde im März in La Thuile Abfahrts-Italienmeister mit 0,7 Sekunden Vorsprung. Ich fuhr beim WM-Training in Courchevel Trainingsbestzeit – auf dieses Material vertraue ich. Ich habe hier in Zermatt 3 Paar Skischuhe mit, bei der WM 2019 in Åre hatte ich 11 Paar mit.“

Überrascht, dass Sie überhaupt noch im Nationalteam sind nach den enttäuschenden Ergebnissen der letzten 2 Jahre?

&bdquo;Nein, überhaupt nicht. Ich bin mit meinen 5 Medaillen bei Großanlässen der erfolgreichste Athlet der &bdquo;Azzurri“. Nach der turbulenten letztjährigen Saison hatte ich im Frühling mit Rennsportleiter Max Carca ein klärendes Gespräch. Das ist passé und ich schaue nach vorne. Ich will nicht mehr an die negativen Ereignisse denken und dafür Energie verlieren. Was zählt, ist die Zukunft.“

„Bei der WM-Abfahrt war es die absolut falsche Entscheidung, auf Matteo Marsaglia zu setzen.“ Christof Innerhofer

Trotzdem nochmals ein Blick zurück: Sie mussten bei der WM-Abfahrt 2023 trotz starker Trainings zuschauen...

&bdquo;Es war die absolut falsche Entscheidung, auf Matteo Marsaglia zu setzen. Er hatte 6 Top-10-Ergebnisse in den letzten 10 Jahren, bei mir waren es 39 nur im Weltcup. Dieser Meinung werde ich immer sein. Mir wurde dieses Rennen genommen, aber es nützt nichts, noch daran zu denken.“

Am Wochenende beginnt der Speed-Weltcup mit 2 Abfahrten in Zermatt und Cervina. Die Erwartungen sind...

&bdquo;...keine besonders großen. Wir haben als Team so schlecht trainiert wie noch nie. Wegen des miserablen Wetters und der oft schlechten Pistenbedingungen hatten wir vor 7 Wochen – Mitte September – zum letzten Mal die Abfahrtslatten an. Deswegen habe ich den Fokus auf das Konditraining gelegt. Zudem hatte ich im August eine Hornhautverletzung am Auge, dann tickte ich mir die Quadrizepssehne im Knie. Dann bin ich auch noch mit dem Rad gestürzt, sodass ich beim Sommertraining in Chile nicht immer voll trainieren konnte. Normal komme ich auf 45 bis 50 Skitage vor den ersten Rennen, heuer bin ich bei nicht einmal 20.“

Dann darf man sich beim Auftakt nicht allzuviel von Ihnen erwarten?

&bdquo;Ich trete topfit an, aber Prognosen lassen sich keine erstellen. Ich brauche sicher noch einige Fahrten, um mich ans Limit heran zu tasten. Erwartet wird in den nächsten Tagen hier in Zermatt viel Neuschnee, dazu heftiger Wind. Was im November auf einem Gletscher auf mehr als 3700 Metern kei Wunder ist. Aber es kommen auch noch Rennen nach Zermatt. Dass wir &bdquo;Azzurri“ als Team konkurrenzfähig sein werden, bezweifle ich. Wir hatten einfach keine so guten Trainingsmöglichkeiten wie andere Nationalteams im vergangenen Sommer und Herbst.“

Fragen: Andreas Vieider

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Innerhofer: „Ich weiß, dass fast niemand mehr an mich glaubt“

Er wird im Dezember 39 Jahre alt und ist mit dem Franzosen Adrien Theaux (wurde am 18. September 39) der Senior im Skiweltcup-Zirkus. Genug hat Christof Innerhofer aber noch längst nicht – auch wenn die mageren sportlichen Ergebnisse der letzten 2 Jahre etwas anderes vermuten lassen.

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