Schweizer Vergleich: Was läuft in Südtirol falsch?

&bdquo;Ich fiel nach dem Samstag-Slalom mit Gold für Camille Rast und Silber für Wendy Holdener und einer tollen Feier gegen 12 Uhr ins Bett. 5 Stunden später bin ich in Saalbach losgefahren und habe mich auf den Heimweg nach Truden gemacht. So schön der Samstag auch war, so groß der Erfolg – aber die Familie steht über allem“, meinte der 43-Jährige nach seinem größten Erfolg als Skitrainer.

Im Auto ließ er den Damen-Slalom nochmals Revue passieren. &bdquo;Camille Rast war schon immer ein Siegertyp, schon als junges Mädchen. Sie hatte die letzten Jahre aber viele gesundheitliche Probleme. Als sie heuer erstmals im Weltcup gewann, ist nochmals ein gewaltiger Schub entstanden. Dass sie dann im Slalom als Führende des 1. Durchgangs den 2. Lauf nochmals so konsequent runtergebissen hat, das war große Klasse.“ Zumal Rast unbedingt die &bdquo;große“ Wendy Holdener schlagen wollte. &bdquo;Dieser interne Konkurrenzkampf hat das ganze Team auf ein neues Level gehoben. Niemand will zurückstecken, alle fahren voll drauflos, um zu gewinnen und schneller zu sein als die anderen.“

Plötzlich ein Star-Trainer Heini Pfitscher steht in der skiverrückten Schweiz seit dem vergangenen Sommer verstärkt im Fokus. Er hat in der sogenannten Masterygruppe Weltcup-Slalom und -Riesentorlauf Trainer-Legende Luis Prenn aus Innichen beerbt, der zuvor 11 Jahre Cheftrainer war. &bdquo;Für mich kam das Angebot von Damen-Rennsportleiter Beat Tschuor unerwartet. Luis Prenn ist ein Mythos, und ich sollte ihn beerben? Ich habe mich entschieden, es anzupacken und der Trainer von Rast, Holdener, Meillard, Elena Stoffel, Aline Danioth und Nicole Good zu sein . Es ist eine riesige Herausforderung, aber ihre Professionalität und ihr großer Willen, sich ständig zu verbessern, das treibt auch mich an.“

Wendy Holdener (links) und Camille Rast (rechts). © ANSA / ANNA SZILAGYI

Wobei der Unterlandler nach wie vor auf die Unterstützung von Prenn zählen kann. Der betreut jetzt eine kleinere Gruppe mit Stefanie Grob, Janine Schmitt und Simone Wild, ist aber immer mit Rat und Tat zur Seite, wenn es braucht.

Was ist in Südtirol los? Trotz der intensiven Arbeit mit &bdquo;seinen“ Mädels hat Heini Pfitscher noch immer den Skirennsport im eigenen Land im Blick. Auf die Frage: &bdquo;Was ist in Südtirol los?“, weiß auch er keine Antwort: &bdquo;Ich war hier 7 Jahre Landestrainer, sowohl bei den Mädchen wie auch den Burschen. Ich hatte Karoline Pichler, Hannes Zingerle, Florian Schieder, Alex Prast, Simon Maurberger und Luis Kuppelwieser unter meinen Fittichen.“

Heini Pfitscher (links) hat auch den Südtiroler Skisport noch im Blick.

Was sich im Vergleich zu früher geändert hat? Pfitscher: &bdquo;Alles ist viel professioneller geworden. Schon von klein auf heißt es Skifahren, Skifahren, Skifahren. Aber es klingt absurd, wenn ich von einem 7- oder 8-jährigen Kind 30 oder 40 Skitage am Gletscher verlange. So muss man ja die Freude verlieren. Auf 4 oder 5 Jahre aufgerechnet sind das 150 Skitage, die ich weniger an Ausbildung habe. Aber nur wer Ski fährt, wird ein besserer Skifahrer. Das ist leicht erklärt.“

Pfitscher: &bdquo;Die ganze Ski-Welt beneidet uns“ Dass es in Südtirol an Talenten mangelt, will Pfitscher nicht stehen lassen: &bdquo;Die ganze Skiwelt beneidet uns. Wenn wir die Starterzahlen beim VSS, bei den Grand-Prix-Rennen und auch beim Marlene Cup anschauen – die sind beeindruckend. Und ich behaupte, dass der Südtiroler Landeskader von der Struktur her immer noch der Beste in ganz Italien ist. Mittlerweile wird im Sommer in Argentinien trainiert, im Herbst in Skandinavien, dazu in den Skihallen in Europa. Natürlich ist das alles extrem teuer und kann sich nur leisten, der finanziell gut dasteht. Aber es ist Fakt, dass Italien die meisten Rennfahrer stellt in den FIS-Ranglisten, weit mehr als die Schweiz oder Österreich. Dabei ist Südtirol im Italien-Ranking führend.“ „Bei uns ist man vielleicht schneller zufrieden, nimmt es eher gemütlich, nimmt nicht jeden Trainingstag mit dem nötigen Ehrgeiz mit.“ Heini Pfitscher Was dem Trudner aber auffällt: &bdquo;Vielleicht sind die Stadtler mittlerweile bissiger als unsere Kinder hier auf dem Berg. Sie machen ihr Trainingsprogramm gewissenhafter. Bei uns ist man vielleicht schneller zufrieden, nimmt es eher gemütlich, nimmt nicht jeden Trainingstag mit dem nötigen Ehrgeiz mit.“ Und: &bdquo;Die Skiclubs in Italien sind ganz anders organisiert als hier in Südtirol. Die verfügen über Mega-Budgets. Auch die schulische Ausbildung wird oft nur nebenbei mitgenommen. Hier in Südtirol gibt es zwar die Sportoberschulen, aber auch ihre Mittel sind oft begrenzt.“

Auch die Bürokratie steht im Weg Ein weiteres Problem sind in Italien die Skitrainer. Dafür gibt es kein Berufsbild, sprich jeder Trainer ist ein Skilehrer mit Trainer-Ausbildung. Er ist Freiberufler und muss sich um Sozialabgaben, Pensionsvorsorge und Steuerlast selber kümmern. In der Schweiz ist Pfitscher Angesteller des Skiverbandes und bekommt sein Gehalt wie ein normaler Angestellter. Um die ganze Bürokratie kümmert sich sein Arbeitgeber bei Swiss Ski.

&bdquo;Natürlich ist das Modell bei uns nicht förderlich, fähige und kompetente Leute zu finden“, erklärt Pfitscher einen weiteren Grund, warum immer weniger Talente den großen Sprung schaffen. Nur ein Detail: Aktuell arbeiten 10 Südtiroler Skitrainer in den verschiedenen Teams von Swiss Ski, weitere gehen in den 3 Leistungszentren West, Mitte und Ost eine Stufe darunter sowie den Landeskadern je nach Kanton ihrer Arbeit nach.

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