Eine Ski-Karriere, auf den Punkt genau geplant

Im vergangenen Februar fuhr sie noch bei den Grand-Prix-Rennen der U16-Altersklasse und war da Gegnerin der gleichaltrigen Nadine Trocker, Rita Granruaz und Hannah Feichter. Damit wäre am Samstag Schluss gewesen: Da hätte Lara Colturi in Sölden ihr Weltcup-Debüt gegeben. Im Alter von 15 Jahren, 11 Monaten und 7 Tagen wäre sie eine der jüngsten Fahrerinnen der Weltcupgeschichte gewesen. Einige Gazzetten schrieben sogar, die Jüngste aller Zeiten.

Aber das stimmt nicht. So hat die Deutsche Christa Zechmeister im Alter von nur 15 Jahren und 5 Tagen im Dezember 1972 mit einem 10. Slalomplatz in Val d'Isere bereits Punkte geholt. Auch Annemarie Moser-Pröll fuhr bereits als 14-Jährige im Weltcup: Sie gab ihr Debüt im Jänner 1968 in Bad Gastein, als 16-Jährige eroberte sie WM-Bronze 1970 in Gröden. Und wer erinnert sich nicht an den Vorarlberger Christian Orlainsky, der in den späten 1970-er-Jahren als damals 16-Jähriger anstand, die Skiwelt aus den Angeln zu heben? Regelmäßig fuhr der Technik-Spezialist des Jahrgangs 1962 mit hohen Nummern nach vorne, seine Karriere verpuffte aber, bevor sie richtig ins Rollen kam.

Nach-oben-steigen bleibt Colturi so erspart Aber das waren andere Zeiten. Der Skirennsport ist mit jenem von vor 40 Jahren nicht mehr zu vergleichen. So hat der Internationale Skiverband FIS strikte Regeln eingeführt, um Riesentalente nicht vorschnell zu verheizen. Die Familie von Lara Colturi – Mama Daniela Ceccarelli war 2002 Super-G-Olympiasiegerin, Vater Alessandro Colturi mehrere Jahre im Abfahrts-Nationalteam – hat die Karriere der 15-Jährigen auf den Punkt genau geplant: Um sich das mühevolle Nach-oben-steigen in der Karriereleiter beim italienischen Skiverband FISI über die Nachwuchs- und die Europacup-Mannschaft zu ersparen, wechselte sie Nationalität.

Und weil die Meinungen über die ideale Ausrichtung von Colturis Aufbautraining in verschiedene Richtungen gingen. Das war im Frühjahr 2022, und da musste sie, da noch nicht 16-jährig, die FISI nicht um Erlaubnis fragen. Damit ist es der 15-Jährigen weiter möglich, in der Elite-Skischule ihrer Mama (Golden Team Ceccarelli) zu trainieren und über die Belastungssteuerung selbst zu entscheiden. Im Sommer 2022 reiste der Ceccarelli-Colturi-Clan für 6 Wochen nach Argentinien und Chile, wo sie als Neueinsteigerin gleich 20 FIS-Rennen im Riesentorlauf und Slalom bestritt. 10 gewann sie – bei oft bescheidener Konkurrenz mit mehr als 6 Sekunden Vorsprung oder mit der 43-jährigen Sarah Schleper (früher USA, jetzt Mexiko) als härtester Konkurrentin. Aber: Lara Colturi hatte bei einem FIS-Riesentorlauf in Cerro Castor (Argentinien) auch Sara Hector (Schweden) als Gegnerin und verlor dabei &bdquo;nur“ 4,76 Sekunden auf die Olympiasiegerin.

Fakt ist, dass Lara Colturi ein großes Talent ist. Ob ihr noch schmächtiger Körper für die oft extrem vereisten Weltcuppisten bereit ist, wird sich zeigen. Als ehemalige Eiskunstläuferin – auch dort hatte sie Talent, entschied sich aber für den Skisport – bringt die Schülerin des Ski College Frejus in Bardonecchia großen Biss und Standhaftigkeit mit. Ob sie auch im Kopf stark genug ist für das Haifischbecken Skiweltcup, wird sich ebenfalls zeigen. Ihr Vorbild Mikaela Shiffrin debütierte am 11. März 2011 in Spindlermühle im Weltcup, 2 Tage später wurde sie 16 Jahre alt. Colturi kann nach der Sölden-Absage diese Marke nur dann um einen Tag unterbieten, wenn sie am 12. November in Lech Zürs beim Parallelrennen dabei ist. Sie wird am 15. November 16 Jahre jung.

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