Als in Kitzbühel zwei Abfahrten an einem Tag gefahren wurden

Zuerst geriet Remi Cuche, der Neffe des sechsfachen Kitzbühel-Siegers Didier Cuche, bei der Einfahrt Steilhang in Rücklage. Diagnose: Kreuzbandriss. Nur wenig später ein größerer Schock: In der Kompression nach der Mausefalle &bdquo;zerbröselte“ es Barnabas Szollos, der bei der Olympia-Kombi 2022 in Peking mit Rang 6 aufhorchen ließ. Der Israeli verlor den Helm und wurde von drei Notärzten erstversorgt. Die Unterbrechung dauerte mehr als eine halbe Stunde, die für die letzten zwei Fahrer des Abfahrerfeldes, den &bdquo;Azzurro“ Matteo Franzoso und dem Nordtiroler Raphael Hasser wie eine Ewigkeit vorgekommen sind.

Erst um kurz vor 14.30 Uhr wurde ihr Start freigegeben. Haaser nahm es locker und erzielte hinter Florian Schieder die 9. Zeit, 0,61 Sekunden langsamer als der fast 3 Stunden vor ihm gestartete Nils Allegre. Damit hat der Skiweltcup wieder sein aktuelles Lieblingsthema: Ist der Abfahrtssport zu gefährlich? Riskieren die Athleten zu viel? Reizen Sie Ihre Limits – siehe auch das Gespräch mit Dominik Paris – zu sehr aus?

Viele Stars hat's erwischt Fakt ist: Das Sicherheitsthema ist so alt wie der Skiweltcup selbst, als er 1967 seine Premiere feierte. Vor allem die Medien stürzen sich mit Hingabe darauf, stellen auch die Frage über ein angeblich zu dichtes Programm und machen mit ihrer Berichterstattung Druck auf die FIS-Renndirektoren Markus Waldner, Hannes Trinkl und Raimund Plancker. Dabei: Speedfahrer leben für ihren Beruf. Sie sind mutig, aber nicht übermütig. Sie sind risikobereit, aber nicht dumm. Und: Sie sind alle herausragend trainiert. Alle Athleten im Weltcup haben koordinativ, athletisch, visuell und taktisch herausragende Fähigkeiten. Und trotzdem passieren Fahrfehler. Die bei Geschwindigkeiten von bis zu 150 km/h natürlich fatal sein können. Siehe zuletzt Marco Schwarz, Alexis Pinturault und Aleksander Aamodt Kilde.

In Kitzbühel werden die Ski-Stars um Marco Odermatt stark gefordert. © APA / EXPA/JOHANN GRODER

Dass in Vergangenheit das vermeintlich dichte Programm ganz anders interpretiert wurde, zeigt ein Blick zurück ins Jahr 1995. Da wurden am 14. Jänner in Kitz gleich 2 Abfahrten innerhalb von nur 3 Stunden ausgetragen – auf verkürzter Strecke (Siegerzeit 1.40-Minuten), aber immerhin. Beide Rennen gewann Luc Alphand, für den es im Alter von 29 Jahren die Premierensiege waren. Das Besondere daran: In der 1. Abfahrt stürzte Pietro Vitalini in der Traverse über die Fangnetze in den Tiefschnee, wobei er sich gefühlte 10 Mal überschlug – Vitalini fuhr trotz unzähliger Prellungen wieder hinauf zum Start und wurde im zweiten Rennen Fünfter.

Geschichten aus anderen Zeiten Die noch unglaublichere Geschichte lieferte Werner Perathoner: Der Grödner stürzte beim Zielsprung (Ski überkreuzt). Auch er musste quasi auf die Skier gehievt werden, bekam Schmerzpillen gegen die vielen Prellungen verpasst und katapultierte sich erneut vom Start. Am Ende war es hinter Sieger Alphand und dem Zweiten Armin Assinger Rang 3.

Derartige Geschichten kann der Weltcup heute nicht mehr liefern, da zu professionell aufgestellt. Auch die Teamärzte würden ihren Athleten nie und nimmer eine zweite Starterlaubnis erteilen. Und sicher: Das Material hat eine Riesenentwicklung gemacht, die Schneepräparierung ist eine andere, die Fliehkräfte in den Kurven höher. Aber Kraft und Mut hatten die Speedfahrer auch in Vergangenheit – zudem haben sie dann ihren Job erledigt und nicht medienwirksam lange herum lamentiert.

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Als in Kitzbühel zwei Abfahrten an einem Tag gefahren wurden

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