Alexander Prast kämpft um seine Karriere: „Kein Plan B“

Hundertstelsekunden sind beim Skifahren das Um und Auf, so etwas wie die Essenz des Sports. Sie entscheiden über einen Sieg, der ein ganzes Leben prägen kann. Sie können dafür sorgen, dass eine Laufbahn ungekrönt bleibt. Und manchmal passiert es auch, dass innerhalb Hundertstelsekunden eine junge Karriere einen massiven Knick bekommt. Letzteres trifft auf Alexander Prast zu.

Am 12. Dezember des vergangenen Jahres, einem verschneiten Samstag, war der Bozner – einer der aufstrebendsten Abfahrer Italiens – im französischen Val d'Isére bei seiner Super-G-Fahrt mit Vollspeed unterwegs, als er nach einem Linkssprung mit dem rechten Fuß nicht optimal landete, heftig wegknickte und einen Totalschaden im Knie davontrug. Millisekunden, die alles veränderten. Nach der OP kam der Schock Anstatt in seiner ersten Saison mit Weltcup-Fixstartplatz also für Furore zu sorgen, landete Prast in Innsbruck auf dem OP-Tisch des berühmten Arztes Christian Fink, der auch schon die Kniebänder von Fußballstars wie Leroy Sané oder Giorgio Chiellini zusammengeflickt hat. Allerdings kam es beim jungen Südtiroler zu schlimmen Komplikationen: Nach dem sechseinhalbstündigen Eingriff trat das sogenannte Kompartmentsyndrom im Oberschenkel auf – ein medizinischer Notfall, der zu mangelnder Blutversorgung von Muskeln und Nerven führt. Prast musste also zwischenzeitlich auf die Intensivstation, mehrmals operiert werden und insgesamt einen Monat im Krankenhaus bleiben. „Solange es die Chance gibt, zurückzukommen, werde ich alles dafür tun.“ Alexander Prast Eine schier unglaubliche Leidenszeit, doch so langsam gibt es Licht am Ende des Tunnels. Vor zwei Wochen unterzog sich Prast der achten Operation innerhalb von neun Monaten, als Metallteile im Schienbeinkopf – der beim Sturz ebenfalls beschädigt worden war – entfernt wurden. &bdquo;Laut Plan war das die letzte Operation“, ist der 25-Jährige froh.

Überhaupt ist der Abfahrer aus Bozen, der seit einigen Jahren in Terlan wohnt, optimistisch gestimmt, was sein Knie betrifft. &bdquo;In den letzten Wochen habe ich große Fortschritte gemacht. Das Knie ist viel belastbarer, ich kann strengere Einheiten machen und bin sogar mal Wandern gegangen“, erklärt er. Zum Vergleich: Im Juni brachte ihn noch ein Spaziergang über 40 Minuten an seine Grenzen.

Alexander Prast bei seinem verhängnisvollen Sturz im Dezember 2020.

Deshalb ist Prast jetzt auch hoffnungsvoller, was seine Rückkehr auf die Skier angeht. &bdquo;Solange es die Möglichkeit gibt, zurückzukommen, werde ich alles dafür tun. In der Reha brauchst du ein Ziel. Wenn du einen Plan A hast, musst du diesen verfolgen und nicht an Plan B denken. Plan B ist Zeitvergeudung“, gibt sich das Ski-Ass kämpferisch. Wann genau er wieder Skifahren kann, ist noch unklar. &bdquo;Einen Zeitpunkt haben wir noch nicht definiert. Ich muss schauen, wie das Knie auf höhere Belastungen reagiert. Aber das kriegen wir schon hin.“ Zwischen Eppan, Spanien und der Schweiz Bleibt die Frage, ob dieser Sturz und die anschließenden Komplikationen nicht auch mental ihre Spuren hinterlassen haben. &bdquo;Ich hatte nie ein Problem, den Sturz anzuschauen. In unserem Sport ist es eben so: Das Verletzungsrisiko ist hoch, man ist auch bereit, das Risiko einzugehen, um Leistung und Ergebnisse zu erbringen. Klarerweise denkt man nicht daran, dass man auf der Intensivstation landet. Es hätte natürlich besser gehen können, aber auch viel schlimmer. Deshalb habe ich den Kampf sofort angenommen.“

Prast bei seiner letzten OP: Die Schraufen müssen raus.

Diesen Kampf trägt Alexander Prast zurzeit hauptsächlich im Rehafit-Zentrum des FC Südtirol in Eppan aus, wo er von Paolo Cadamuro und Luis Kuppelwieser betreut wird. Zuletzt war er auch zwei Wochen lang in der Schweiz, wo er im &bdquo;Altius Swiss Sportmed Center“ in Rheinfelden an der Seite von Ski-Größen wie Mauro Caviezel oder Michelle Gisin schwitzte. &bdquo;Es war cool, mal etwas Anderes zu sehen“, so Prast, der sich seinen strengen Reha-Sommer mit einer zweiwöchigen Reise nach Spanien und Portugal versüßt hat. Denn auch das braucht es: Abschalten, Kraft tanken, um dann wieder voll angreifen zu können. Hoffentlich bald auch wieder auf Skiern.

Alexander Prasts Leidenszeit 12. Dezember 2020: Sturz beim Weltcup-Super-G in Val d'Isere mit Nummer 39. Diagnose: Riss des vorderen und hinteren Kreuzbandes im rechten Knie, dazu Außenbänder gerissen und Meniskusschaden 16. Dezember 2020: Operation im Klinikum Hochrum/Innsbruck am verletzten Knie 17. Dezember 2020: Ein sogenanntes Kompartmentsyndrom tritt auf, Prast muss auf die Intensivstation verlegt und bis zum 7. Jänner weitere 5 Mal operiert werden 27. Februar 2021: Weitere Operation, u.a. am Meniskus im rechten Knie 15. März 2021: Alexander Prast kann die Krücken wegstellen, Beginn der „richtigen“ Reha mit bis zu 7 Stunden täglich 10. Juni 2021: Erstes Konditions-Trainingslager mit den Teamkollegen in Formia 13. August 2021: Erste Bergwanderung auf den Boèseekofel in Corvara mit Ski-Kollege Hannes Zingerle 21. September 2021: In einer weiteren OP werden in Hochrum/ Innsbruck 5 Schrauben und eine Platte aus dem verletzten Kniegelenk entfernt Im Oktober 2021 wird 5 Mal pro Woche täglich 6 bis 7 Stunden an der Fitness gearbeitet. Aktuell liegt der Fokus nach der OP darin, die Muskeln wieder auf Vordermann zu bringen

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