Eine Südtiroler Rodel-Legende wird 70

Zwei Jahrzehnte Rennrodelsport hat der Jubilar aus Kiens-Ehrenburg mitgeprägt. Mit dem Einsitzer und dem Doppelsitzerschlitten war er unterwegs. &bdquo;Zweispurig“ sozusagen, heutzutage, im Zeitalter der Spezialisierung, gar nicht mehr möglich. Hildgartner war einer der ersten von vielen Südtiroler Rodlern, die in diesem Sport Weltklasse waren. Seine Weggefährten damals Erika Lechner (Olympiasiegerin 1968), Karl Brunner (Weltmeister 1971), Ernst Haspinger (erster Weltcup-Gesamtsieger) und natürlich sein langjähriger Partner Walter Plaikner (71).

Später kamen die Huber-Brüder dazu, Kurt Brugger, Hansjörg Raffl, Gerda Weissensteiner, Oswald Haselrieder und Gerhard Plankensteiner, allesamt mit olympischen Medaillen und Weltruhm dekoriert. Und überstrahlt schließlich vom einzigartigen Armin Zöggeler, dem erfolgreichster Rodler aller Zeiten, der, nunmehr als Italiens Rodelchef, Dominik Fischnaller bei den Winterspielen in Peking in die olympische Bronze-Spur schickte. Aber wir wollen heute ja Paul Hildgartner würdigen: Sein Leben und ein paar Höhepunkte seiner Laufbahn!

Einer der ersten war der WM-Doppelsitzer-Titel 1971 in Olang. Hildgartner/Plaikner, 18- und 19-jährige Außenseiter, triumphierten auf ihrer Natureis-Hausbahn über die zweimaligen Titelträger Schmid/ Walch (Österreich). Der Autor dieser Zeilen durfte damals schon als Reporter dabei sein. Eine riesige Zuschauerkulisse, die auch Karl Brunner als Einzel-Weltmeister und Erika Lechner für Silber feierte. Und, erinnert sich Hintermann Plaikner, &bdquo;die im Fernsehen eine tolle Werbung für unsere Region am Kronplatz brachte“. Wie heute Biathlon in Antholz. Olympia-Gold & Co. Nur ein Jahr später, im japanischen Sapporo, holte Hildgartner sein erstes Olympiagold. Wieder mit Traumpartner Walter Plaikner. Doch diesmal standen neben den Carabinieri noch zwei Sportsoldaten aus Oberhof ganz &bdquo;oben“, Reinhard Bredow und Horst Hörnlein. Beide Doppel hatten nach ihren zwei Läufen dieselbe Zeit. Auf das Hundertstel. Also gab es - logisch – auch Gold für beide.

Im offenen Mercedes: Empfang der Olympiasieger Hildgartner und Plaikner in der Heimatgemeinde. © Foto Rapid

Bei der triumphalen Rückkehr nach Kiens erhielten die Sieger als Prämie einen Fiat. Mit dem - so ist es überliefert - verursachte Fahranfänger Hildgartner sehr bald einen Stromausfall im nahen Olang. Der noch 19-jährige, schon damals ein begeisterter Jäger, war mit dem Kleinwagen einem Hasen über eine Wiese gefolgt und hatte dabei einen hölzernen Lichtmast geknackt. Jugendsünden.

Nach diesen Winterspielen führte der Weltverband FIL die Zeitmessung in Tausendstelsekunden ein. Millimeter sind das. Messbar nur mit dem Elektronischen Auge. Also entschieden 1998 in Nagano bei den Rodel-Damen zwei tausendstel Sekunden über den Olympiasieg: 46 Millimeter, nach vier Läufen und 4764 Meter Rennstrecke. Extrem ungerecht, meint der Autor, der das Duell seinerzeit am Fernsehschirm schilderte. Olympia-Gold auch im Einsitzer Springen wir zum finalen Höhepunkt in Paul Hildgartners stolzer Laufbahn. 12 Jahre nach dem Doppelsitzersieg von Sapporo und zahlreichen anderen Trophäen, gewann er 1984 in Sarajewo seine zweite Olympia-Goldmedaille. Diesmal als Solist im Einsitzer. Gereift, ruhig, souverän - in 3 von 4 Läufen erzielte er Bestzeit auf der inzwischen vom Krieg zerstörten Bahn am Trebevic. Sieben Zehntel vor zwei Sowjetrussen - Hildgartner, der vergoldete Fahnenträger der Azzurri.

Am Tag nach seinem Sieg saß er - die Medaille um den Hals - in der ZDF-Reporterkabine beim Rennen der Frauen als TV-Experte, mit Südtiroler Akzent. Am nächsten Tag allerdings musste Gold-Paul italienisch sprechen. In der Nachbarkabine. Die Kollegen der RAI, hellhörig geworden, hatten ihn abgeworben. 1988, vier Jahre später, führte der Südtiroler die &bdquo;Azzurri“ noch einmal als Fahnenträger an, ins Olympiastadion von Calgary: 36-jährig nahm er Abschied vom aktiven Sport. Mit einem ehrenvollen 10. Platz, bei seinen 5. Olympischen Spielen. Anfänge auf der Naturbahn Das ABC des Rodelns hat er auf der Naturbahn gelernt, animiert von seinem älteren Bruder Leopold. Der brachte ihn auch mit Walter Plaikner zusammen: Der Anfang einer großen gemeinsamen Laufbahn. Hildgartner als Vordermann, Plaikner als Hintermann. Der Partner vieler Jahre schwärmt bei einem Telefonat vom Vordermann als &bdquo;tollen Athleten, der den Rodelsport lebte; der nervenstark war, ein akribischer Techniker und kolossal diszipliniert.“ So streng, dass dieser ihn einmal vom gemeinsamen Zimmer aussperrte, als Plaikner 10 Minuten nach dem Zapfenstreich an die Tür klopfte.

Erika Lechner (Mitte) mit Paul Hildgartner und Walter Plaickner 1972 in Sapporo. © Zett

Beide blieben auch nach der aktiven Laufbahn dem Rodelsport treu: Hildgartner als Trainer in Norwegen und Kanada; Plaikner in Italien, Japan, den USA und Russland. Beide dienten sie zudem ihrem Sport als Funktionäre im Internationalen Verband. Während Plaikner noch immer erst im Teil-Ruhestand ist, hat Hildgartner schon etliche Jahre früher aufgehört, um endlich ganz für die Familie da zu sein, seiner Ehefrau Margit im historischen &bdquo;Gasthof Knapp“ unter die Arme zu greifen und um mit ihr eine gemeinsame Leidenschaft zu genießen - die Jagd.

Stolz sind die seit 41 Jahren Verheirateten auf ihre beiden Kinder. Tochter Katharina ist Kunsthistorikerin geworden, Sohn Alexander Arzt und seit 14 Jahren Radiologe in Thüringen. Ihn und seine Ehefrau, gleichfalls Medizinerin, plagen derzeit Sorgen: Eine der drei Töchter ist so ernsthaft erkrankt, dass die Oma aus Südtirol zur Unterstützung für ein paar Wochen in Weimar weilt. Auch heute an des Ehemanns 70.Geburtstag.

Besuch aus Deutschland: In der Mitte Paul Hildgartner mit Gattin, links und rechts Herr und Frau Angermann.

Dennoch wird es für Strohwitwer Paul, der das Haus in Ehrenburg hüten muss, eine kleine Feierrunde geben - mit Bruder Leopold, Rodelpartner Plaikner und Freunden, beim Watten. Natürlich wird auf das Geburtstagskind angestoßen. Der Autor und Weggefährte tut das in Deutschland, mit einem &bdquo;Grappa“ aus dem Souvenir-Glas der Rodel-WM 1971 von Olang: Auf Dein Wohl, lieber Paul Hildgartner!

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Eine Südtiroler Rodel-Legende wird 70

Er ist, bis heute, einer der erfolgreichsten Wintersportler Südtirols. Zwei Olympische Goldmedaillen und eine Silberne, zwei Weltmeistertitel, vier Europameisterschaften und dreimal Weltcup-Gesamtsieger sind seine herausragenden Erfolge. Die Rede ist von Rodler Paul Hildgartner. Heute wird er 70.

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