Ein Rodel-Held geht fremd

Es kann nicht anders sein als ein großer, ein riesengroßer Irrtum. Eine Fehlmeldung, die sich irgendwie durch geheime Kniffe und Tricks einen Weg in die Schlagzeilen gesucht hat. Oder ist es gar ein verspäteter Aprilscherz und die Geschichte fiel dieser Tage nur zufällig noch in die Zeitungen. Ich schau auf das Datum. Noch einmal. Nein, es ist wirklich nicht der 1.April und es ist auch keine Gaudi und schon gar kein Schenkelklopfer, obwohl der, um den es geht, davon eine ordentliche Portion aufzuweisen hat und möglicherweise damit sogar bravourös einen Schuhplattler tanzen könnte.

Georg Hackl. Künftig Trainer in Österreich. Die Augen tränen, das Herz wird schwer, der Verstand weigert sich, das wohl Offensichtliche zu begreifen. Ich stöbere durch alle möglichen Publikationen. Der &bdquo;Hackl-Schorsch“ ist tatsächlich allgegenwärtig. Der Rodler-König aus Deutschland, dreimal Olympiasieger, dreimal Weltmeister, verlässt die Heimat, um die Konkurrenz zu stärken. Es ist wahr. Markus Prock, der zuständige Oberrodler in Österreich und ehemals einer der härtesten Gegenspieler von Hackl, hat ihn sich geangelt. Ihn, den Inbegriff des heimatverbundenen Athleten und Trainers, der aus einer Randsportart in Deutschland eine Art Formel 1 des Winters gemacht hat. Der Beckenbauer der Rodler Österreich hat sich an das Tafelsilber herangemacht. Das Angebot sei überaus lukrativ, hieß es. Der Schorsch hat mit 55 Jahren noch einmal eine neue Herausforderung erhalten und diese nun angenommen. Es ist kein Irrtum. Trainer beim Österreichischen Rodelverband (ÖRV): Georg Hackl. Unser Schorsch. Hackl ist in etwa so etwas wie Rosi Mittermeier im Skifahren, Franz Beckenbauer im Fußball oder Michael Schumacher im Motorsport. Er ist &bdquo;Mister Rodeln“. Nichts gegen seine Nachfolger, etwa Felix Loch, der auch schon dreimal Olympiasieger ist. Aber wenn man, egal wo in Deutschland, eine Umfrage machen würde nach dem Motto: Nennen sie einen bekannten deutschen Rodler, würden einhundert Prozent der Befragen Georg Hackl sagen. Oder nur &bdquo;der Hackl-Schorsch“.

Eine Koryphäe des Rodel-Sports: Georg Hackl. © AFP / OLIVER LANG

Warum das so sein würde? Er war immer authentisch, ein gepflegter Bayer auf der einen Seite und ein unglaublich akribischer Arbeiter. Wenn die Konkurrenten schon auf der Massagebank lagen, hat er noch an seinen Kufen gefeilt. Zu jeder Tages -und Nachtzeit war Georg Hackl mit seinem Gefährt beschäftigt. Er gab nie Ruhe, fand immer noch eine Kleinigkeit, die man verbessern konnte. Die Eisbahnen dieser Welt gehörten ihm. Er raste sie hinunter wie eine unaufhaltsame Knutschkugel, eine Explosion schier, Hackl, Hackl. Und jetzt Österreich. Da geht ja nicht nur eine Ikone und ein sportlicher Held und Sympathieträger (auch wenn das kein schönes Wort ist, aber mir fällt zu ihm kein Besseres ein), sondern auch einer, der alles, wirklich alles weiß über seinen Sport. Er nimmt nicht nur seine Lederhosen mit nach Österreich, sondern sein gesamtes Knowhow, das unbezahlbar ist. Ein Erfolgsgarant Und doch gibt es keine Vorwürfe. Wenn es einer verdient hat, seine Erfolge noch einmal durch eine deutliche Bewegung auf seinem Konto sichtbar machen zu können, dann der &bdquo;Hackl-Schorsch“. Auch wenn es weh tut, wenn ich ehrlich bin, denn auch zuletzt war die Olympische Bob und Rodelbahn in Peking unter deutscher Kontrolle. 60 Prozent aller Medaillen für Deutschland wurden im Sitzen oder im Liegen erzielt. Dabei glänzten alleine die Rodler mit viermal Gold und zweimal Silber. Auch dank Georg Hackl.

Einst Konkurrenten, nun Partner: Georg Hackl (links) und Markus Prock, Chef der Österreichischen Rodler. © APA / EXPA/ERICH SPIESS

Ich kann ihn mir immer noch nicht in einem österreichischen Anorak vorstellen, unseren &bdquo;Hackl-Schorsch“, aber so ist das Leben und andererseits scheuen sich deutsche Wintersport-Verbände auch nicht, im österreichischen Lager zu wildern. Der Cheftrainer Alpin der Männer ist Christian Schwaiger aus Tirol (der Papa der Biathletin Julia Schwaiger, die natürlich für Österreich startet) und der jüngste Coup des Deutschen Ski-Verbandes (DSV) hat schon fast Hackl-Niveau.

Andreas Puelacher (57), der acht Jahre in Diensten des ÖSV war, zuletzt gar als Cheftrainer der alpinen Männer (das ist vergleichbar mit dem Bundestrainerjob im Fußball in Deutschland), übernimmt ab sofort die deutschen alpinen Frauen um Lena Dürr und Kira Weidle. Mit ihm steigen natürlich die Erwartungen, zumal Puelacher auch dafür sorgen soll, dass die Lücke hinter den Weltcupfahrerinnen geschlossen wird. Da hilft ein großer Name allemal, um vielleicht wieder ein wenig mehr Begeisterung in der Jugend für den alpinen Rennsport zu entfachen. Kommt Österreich jetzt ganz groß raus? Bei Hackl ist das ähnlich und ich fürchte fast, es wird auch funktionieren. Denn wenn Hackl an der Bahn steht in Innsbruck-Igls, hat man das Gefühl, der Rodel-Gott aus Berchtesgaden (dessen Heimbahn in Königssee im letzten Jahr durch eine Schlammlawine zerstört wurde) braucht nur seine Hand auf den Schlitten zu legen und schon geht es ein Stückchen schneller durch die schneidigen Kurven.

Im Yangqing-Sliding-Center in China gewann Österreich im Rodeln eine Bronzemedaille und zwei Silbermedaillen, wobei stets die damals noch auch von Hackl-betreuten Athletinnen und Athleten knapp schneller waren. Das soll und das kann sich natürlich künftig ändern. Der Wechsel von Hackl von Deutschland nach Österreich verleiht dem Rodel-Weltcup in der kommenden Saison garantiert noch mehr Aufschwung. Dem &bdquo;Hackl-Schorsch“ sei Dank. Wieder einmal. Es passt zu ihm, denn er hat ja schon immer Wunder vollbracht, unser Rodel-Held aus Berchtesgaden, künftig Österreich.

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Ein Rodel-Held geht fremd

In der Rodelszene gelingt dem Österreicher Markus Prock, der selbst einer der erfolgreichsten Athleten im Eiskanal war, der wohl größtmögliche Coup. Er verpflichtete die deutsche Rodel-Ikone Georg Hackl als Trainer. Unserem Kolumnisten Sigi Heinrich blutet durchaus ein wenig das Herz.

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