Wenn der vierte Mann eine Frau ist

Anna Schenk aus Wolkenstein nahm im Schlitten des Nordtiroler Piloten Markus Treichl den Platz des verletzten Anschiebers Sascha Stepan ein. Dieser hatte vor dem Rennen über starke Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule geklagt. Weil aus beruflichen Gründen kein Ersatzmann nach Norwegen mitreisen konnte, stand Österreichs Bob um Markus Treichl vor dem Aus.

&bdquo;Wir haben gesehen, dass das Reglement auch eine Frau an Bord zulässt und haben es genutzt, damit das Team Punkte sammeln kann“, sagte Nationaltrainer Wolfgang Stampfer und fügte hinzu: &bdquo;Der Vierer war natürlich nicht eingespielt, weshalb wir uns nicht viel ausgerechnet haben. Aber Anna hat das wirklich gut gemeistert.“ Schließlich landeten noch 5 reine Männer-Teams hinter den Österreichern, die nach 2 Läufen Rang 14 belegten.

Eine Stunde vor dem Rennen erfahren Schenk hatte erst eine Stunde vor dem Rennen von ihrem Glück erfahren und füllte das Team mit Treichl, Markus Sammer und Kristian Huber als Notlösung auf. &bdquo;Ich hatte soeben das Frauen-Rennen mit Katrin Beierl beendet, als ich gefragt wurde, ob ich bei den Männern aushelfen könnte. Ich habe nicht zweimal gezögert und habe sofort zugesagt. Weil ich Linkshänderin bin, wollte ich auf der linken Seite direkt hinter dem Piloten bleiben, was auch von der Lauflänge her sehr gut gepasst hat“, blickt Schenk auf &bdquo;die wunderschöne Erfahrung zurück, die mir immer in Erinnerung bleiben wird.“ Schenk hatte vor 4 Jahren schon einmal im Europacup im italienischen Bob von Pilot Enrico Ghilardino einen am Coronavirus erkrankten Anschieber ersetzt.

Power-Lady Anna Schenk.

Die größte Sorge der Grödnerin war, wie sie beim Start in den Schlitten kommen würde: &bdquo;Im 1. Lauf war ich froh, dass ich in den Bob hineingekommen bin und keinen gestört habe. Im 2. Lauf waren wir dann noch einmal schneller.“ Die Startzeit des Teams Österreich betrug zunächst 5,17 Sekunden und im Entscheidungslauf 5,10 Sekunden.

Lob von allen Seiten Und auch die Endzeit konnten die 3 Männer und die Frau steigern: Wurde das Quartett im 1. Lauf in 50,62 Sekunden gestoppt, so konnte es sich danach auf 50,39 Sekunden steigern. Das entsprach einer Gesamtzeit von 1.41,01 Minuten. Ganz vorne sorgten Francesco Friedrich und Johannes Lochner für einen deutschen Doppelsieg, während der Pfalzner Patrick Baumgartner seinen Schlitten auf Rang 5 lenkte.

Anna Schenk (links) mit Pilotin Katrin Beierl nach dem Gewinn des Europacup-Rennens zum Saisonauftakt in Lillehammer.

Obwohl das Team Austria im Vergleich zur Konkurrenz ein Gewichtsdefizit hatte, war das Experiment mit der Bob-Lady aus Wolkenstein gelungen. &bdquo;Wir wollten unbedingt Punkte machen. Wir waren zwar um 20 Kilo leichter, aber Anna hat sich sehr gut geschlagen und viel Spaß gehabt“, fand Treichl nach dem Rennen nur lobende Worte für seine Ersatzfrau. „Wenn der Zweier wie ein Ferrari ist, so ist der Vierer wie ein Bus.“ Anna Schenk Diese geriet ins Schwärmen und würde es sofort wieder tun. &bdquo;Der Viererbob ist etwas Besonderes. Wenn der Zweier wie ein Ferrari ist, so ist der Vierer wie ein Bus. Auf der rasanten Fahrt verspürt man großen Druck. Schließlich bringt ein Schlitten rund 700 Kilogramm auf die Waage“, weiß Schenk, die von Lillehammer direkt nach Sigulda weitergereist ist. In Lettland findet von Donnerstag bis zum Sonntag die nächste Weltcup-Station im Zweierbob statt. Zum Abschluss werden zudem die Europameister bei den Männern und Frauen ermittelt.

Die Formkurve zeigt nach oben Schenk wird dann wieder im Zweierbob hinter Katrin Beierl Platz nehmen, mit der sie am Sonntag in Norwegen mit Platz 8 trotz eines Sturzes im 2. Lauf das beste Weltcup-Ergebnis in diesem Winter erreicht hat. Der 30-jährigen Niederösterreicherin und der 29-jährigen Südtirolerin fehlten auf Siegerin Kim Kalicki 1,12 Sekunden. Die deutsche Weltmeisterin setzte sich vor ihrer Landsfrau Laura Nolte durch. Bei Beierl, die nach einem im Sommer 2022 erlittenen Schlaganfall erst vor einem guten Monat in den Weltcup zurückgekehrt ist, zeigt die Formkurve damit weiter nach oben.

Katrin Beierl und Anna Schenk starten am Sonntag bei der Zweierbob-EM in Sigulda.

&bdquo;Bei der EM ist alles möglich. Die Bahn in Sigulda ist sehr eng und schwierig zum Fahren. Es ist eigentlich eine Bahn für die Rodler und nicht für Viererbobs zugelassen. Wer die wenigsten Fehler macht, wird am Ende vorne sein“, glaubt Schenk, die derzeit die Ausbildung zur Hundepsychologin in der Schweiz und im Juni den Abschluss des Studiums &bdquo;Tierpsychologie und Hundeverhaltensberatung“ macht. Die ehemalige Leichtathletin (Spezialistin über 100 und 200 m) wurde 2019 von Alex Verginer &bdquo;entdeckt“ und bestreitet derzeit ihre 5. Bob-Saison.

Eine Power-Frau, durch und durch Die EM ist in diesem Winter aber nicht der Höhepunkt für die alleinerziehende Mutter der beiden Söhne Fabian (13) und Luca (11). Ende Februar und Anfang März wird sie erstmals in ihrer Karriere an einer Weltmeisterschaft teilnehmen. In Winterberg sind dann 4 statt 2 Läufe vorgesehen.

Schenk wurde im Frühjahr des vergangenen Jahres vom österreichischen Verband aufgenommen, nachdem sie vom italienischen Team ausgeschlossen wurde. &bdquo;Weil ich Familie, Beruf und Sport nicht immer unter einen Hut gebracht habe, hat mich der Verband rausgeworfen. Eigentlich wollte ich meine Karriere beenden, ehe der Kontakt mit Katrin zustande gekommen ist. Ich wurde auf Anhieb in den österreichischen A-Kader aufgenommen und habe meinen Zweitwohnsitz nach Innsbruck verlegt, wo ich während gemeinsamer Trainingstage bei Katrin übernachten darf“, erzählt die zweifache Bob-Mami, die auf der Olympia-Bahn von 1996 Geschichte geschrieben hat.

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