Simpel und brutal: Wenn ein Moment über Gold entscheidet

Sport lebt von Emotionen. Bitteres Schluchzen oder Tränen des puren Glücks – eintönig wird das Leben in dieser Welt nicht, ein einziges Ereignis offenbart vielerlei Gesichter. Als Fan des FC Bayern München habe ich diese Weisheit nur allzu oft zu spüren bekommen. Im positiven wie auch im negativen Sinne. Das &bdquo;Trauma dahoam“ im Champions-League-Finale 2012 gegen den FC Chelsea, die süße Revanche nur ein Jahr später im Endspiel gegen Borussia Dortmund. Oder der epische Triumph über Juventus im CL-Viertelfinale 2016. Für mich waren diese Erlebnisse jahrelang die Definition von Sport-Drama pur. Bis jetzt.

Wie am Freitag bei der Weltmeisterschaft in Lenzerheide wieder einmal ersichtlich wurde, wird der Krimi im Biathlon perfektioniert. Während man im Fußball beispielsweise regelmäßig auf eine späte Erlösung hofft, dieser aber viel zu oft nicht eintritt, weiß man beim Schlagabtausch der Skijäger nicht nur, wo sich das Drama abspielt, sondern sogar auch den genauen Zeitpunkt.

Freud und Leid liegen nah beieinander Als Reporter vor Ort genießt man das Vorrecht, sich am Schießstand hinter den Trainern postieren zu dürfen. Ganz anders als vor dem Bildschirm saugt man auf diese Art genau jene Atmosphäre auf, in welche die Athleten kurz vor dem ultimativen Showdown eintauchen. Im Hintergrund grölen hunderte Fans, doch der Fokus gilt der Matte auf dem Boden, dem Gewehr, den Scheiben. Hier entscheidet sich, ob dein Lebenstraum vergoldet wird – oder mit Blech endet. Hier entscheidet sich auch, welche Schlagzeile ich am Ende verwende, nachdem ich ein Dutzend Szenarien durchdacht habe – und letztlich läuft sowieso alles anders. Aber das ist eine andere Geschichte.

Justine Braisaz-Bouchet strahlt mit der Goldmedaille um die Wette. © APA/afp / FRANCK FIFE

Klick. Jubel. Klick. Jubel. Klonk. Ein Raunen. Dass dieses unliebsame Geräusch des Fehlschlags am Schießstand nicht unbedingt das vorzeitige Ende bedeuten muss, bewiesen die frischgebackene Sprint-Weltmeisterin Justine Braisaz-Bouchet und Franziska Preuß, die trotz Strafrunde auf das Podest stürmten. Letzte Einlage am Schießstand und Schlussrunde: Ein derartiges Drama – so komprimiert, simpel und brutal – findet man nur im Biathlon.

Eine Südtirolerin in ungewohnten Farben Eine Athletin, die dieses Phänomen zum ersten Mal auf der ganz großen Bühne erleben durfte, war die Grödnerin Gaia Brunello. Nach ihrem Wechsel in den brasilianischen Verband vor Beginn der laufenden Saison feilt die 22-Jährige an ihrem Traum. Im Sprint hinterließ sie einen starken ersten Eindruck. &bdquo;Ich hatte tausend Emotionen. Es hat mir eine riesige Freude bereitet, hier zu sein. Deswegen ging es am Ende auch so einfach“, erklärte sie im Anschluss an ihre makellose Schießleistung gegenüber der Dolomiten. &bdquo;Komischerweise war ich heute nicht aufgeregt. Ich habe mir einfach gedacht: Das gönne ich mir jetzt.“

Das nächste große Ziel hat Brunello bereits vor Augen: die Olympischen Spiele 2026. &bdquo;Wir sind auf dem richtigen Weg, werden weiter daran arbeiten“, führte sie weiter aus. Die Grundlage für ihren Angriff bei den Winterspielen legt sie mit ihrem Training in der Heimat. &bdquo;Heuer trainiere ich noch in Gröden mit dem Ski-Club, nächstes Jahr weiß ich noch nicht genau. Aber ich schätze, dass ich hierbleibe“, erklärte sie. Biathlon kann eben nicht nur Drama – sondern auch zum Träumen anregen.

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Simpel und brutal: Wenn ein Moment über Gold entscheidet

Sport lebt von Emotionen, vom Drama – und Biathlon ist die Perfektion gelungen. In den Hauptrollen bei der WM in Lenzerheide: Weltmeisterin Justine Braisaz-Bouchet, Franziska Preuß und eine Südtirolerin.

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