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Der Vinschger Klaus Höllrigl ist für Italiens Biathlonsport verantwortlich. © sn

Klare Ansage: Das erwartet der Biathlon-Boss von seinen Stars

Es knistert im Biathlonsport! In zwei Wochen geht es los, dann fällt im Weltcup der ersehnte Startschuss. Die Nervosität bei den Athleten ist spürbar, die Anspannung bei den Betreuern und Trainern lässt sich förmlich greifen. Nur einer wirkt tiefenentspannt, ja fast gelassen: Italiens Biathlon-Direktor Klaus Höllrigl.

Aus Martell

Von:
Alexander Foppa

„Ja, bitte“, entgegnet uns eine leise Stimme, als wir bei Klaus Höllrigl anklopfen. Im blauen Trainingsanzug sitzt er in seinem improvisierten Büro, einem sonnendurchfluteten Sitzungsraum im Marteller Biathlonzentrum. Gemeinsam mit seinem Assistenten Lukas Ennemoser wertet er die letzten Trainingszeiten aus. Ohne Hektik schiebt Höllrigl Laptop, Stift und Papier zur Seite, er bittet zu sich an den Tisch.


Italiens ranghöchster Biathlonfunktionär ist seit zwei Jahren im Amt, zwei weitere fehlen noch bis Olympia 2026. Halbzeit, sozusagen. Zu Beginn unseres Gesprächs berichtet er von einer Saisonvorbereitung, die voll und ganz nach Plan verlaufen sei und von einem „positiven Gefühl“, das er verspüre wenn er an den Weltcup-Auftakt Ende des Monats in Kontiolahti denke. In seinen Worten schwingt viel Zufriedenheit mit – auch als wir ihm die erste, brennende Frage stellen: Wie fällt die Halbzeit-Bilanz als Sportdirektor aus?

„Der Plan, den wir uns im Sommer 2022 zurechtgelegt haben, geht bislang auf. Damals wurde vieles verändert, um schrittweise nach oben zu kommen und bei Olympia bestmöglich zu performen. Wir haben tolle Athleten, sehr gute Trainer, Skimänner und Betreuer, vom Verband bekommen wir auch die nötigen Mittel zur Verfügung gestellt. Allerdings muss der eingeschlagene Weg erfolgreich weitergegangen werden.“ _

Wenn Höllrigl Worte wie diese ausspricht, strahlt er eine Gelassenheit aus, wie sie im sonst so hektischen Biathlonzirkus selten zu verspüren ist. Er wirkt überzeugt, in dem was er sagt und in dem was er tut. Die Weltcup-Siege und WM-Medaillen des vergangenen Winters geben ihm Recht. Allerdings behält der 44-Jährige die nötige Nüchternheit, um die Erfolge richtig einzuordnen und auch diese unangenehme Frage ausführlich zu beantworten: Hat Lisa Vittozzis Weltcup-Gesamtsieg Schwächen im Team überdeckt?
„Das ist überspitzt formuliert. Aber Lisa hat unsere Saison mit ihren Siegen und Podiumsplätzen erst erfolgreich gemacht, das stimmt. Sie hat dadurch Druck vom Team genommen und zugleich das Endresümee aufpoliert. Ich sehe aber das große Ganze, und da war die zurückliegende Saison ein bedeutender Teil einer Entwicklung hin in Richtung Olympia.“ _

Höllrigl ist überzeugt, dass Vittozzi auch kommenden Winter im Kampf um die große Kugel mitmischen wird. So weit ist Tommaso Giacomel längst noch nicht. Der hochbegabte Biathlet aus dem Trentino hat sich aber im Schatten der norwegischen Superstars in der Weltspitze festgebissen. Was ihm fehlt: ein Weltcupsieg. „Der wird kommen“, prophezeit Höllrigl, „jedoch muss Tommy noch Kleinigkeiten verbessern.“ Und was ist eigentlich mit Dorothea Wierer?
„Diesen Winter werden wir wieder die 'alte' Doro sehen. Sie und auch wir haben unsere Lehren aus der letzten, von Rückschlägen geprägten Saison gezogen. Wenn sie fit und formstark ist, zählt sie noch immer zu den Besten des Biathlonsports.“ _

Neben Vittozzi, Giacomel und Wierer zählt auch Lukas Hofer zu den Leistungsträgern. Dahinter reiht sich eine schier endlose Zahl an potenziellen Spitzenathleten, die allerdings den Durchbruch noch nicht geschafft haben. Didier Bionaz, Rebecca Passler und Hannah Auchentaller sind nur einige davon. Ihnen gebührt besonderes Augenmerk, denn Italien soll im zweitklassigen IBU Cup endlich erfolgreicher werden und dadurch auch im Weltcup an Breite gewinnen. Höllrigl wechselt nun den Tonfall, entschlossen gibt er die Marschrichtung vor, als wir fragen: Wie lautet die Ansage für diesen Weltcup-Winter?
„Aus der zweiten Reihe muss ein Schritt nach vorne gesetzt werden. Die Jungen haben mittlerweile eine gewisse Erfahrung, sie sind durch Höhen und Tiefen gegangen, haben sich athletisch ans höchste Niveau angepasst. Hier geht es nicht um Einzelne, sondern um die ganze Mannschaft. Wir wollen aus dem Talent Kapital schlagen – sprich mehr Athleten in die Top Ten bringen. Das haben wir auch so kommuniziert.“ _

Vorläufig hat es Daniele Cappellari aus der angesprochenen zweiten Reihe ins Nationalteam geschafft. Er steht im 12-Mann-Kader, der den Weltcup-Auftakt bestreitet. „Das kann sich nach Kontiolahti rasch ändern, so sind David Zingerle und Christoph Pircher beispielsweise nah dran am Weltcup-Team. Auch bei den Frauen ist die Konkurrenz groß“, sagt Höllrigl.

Der zweifache Familienvater aus Latsch ist bei seinen jungen Athleten um ein Mittelmaß bemüht. Es gilt sie in die Pflicht zu nehmen, ohne sie unter Druck zu setzen. Dabei hilft ihm ein langjähriger Weggefährte, Cheftrainer Alex Inderst. „Er ist ein absoluter Fachmann, er lebt den Biathlonsport“, so Höllrigl über Inderst. Gemeinsam wollen sie Erfolg haben. Doch wo darf man sich die größten Siegchancen ausrechnen?
„In den Staffelrennen! Früher hatten wir einzelne Spitzenathleten, doch jetzt sind wir so gut, dass wir bei den Frauen und Männern vier starke Starter haben. Ein Fokus liegt auf der Mixed-Staffel, da diese olympisch ist. Wir können uns zwar nicht auf eine Stufe mit Norwegen und Frankreich stellen, aber wir möchten zu den Top-3 zählen.“ _

Als Höllrigl dieses Ziel vorgibt, stehen wir bereits an der großen Fensterfront des Marteller Funktionsgebäudes. Unten am Schießstand ist Ruhe eingekehrt, die Athleten sitzen längst beim Mittagessen im Hotel. „Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, jeder hier gibt Vollgas. Allerdings muss es unser Anspruch sein, weiter zu wachsen. Mehr Podestplätze, mehr Siege einzufahren, vor allem aber mehr Sportler im azurblauen Anzug vorne dabei zu haben“, sagt Höllrigl am Ende unseres Gesprächs etwas nachdenklich. Dann huscht ihm ein Lächeln über die Lippen. „Ich habe das Gefühl, dass das hinhauen wird.“ Es ist wohl genau diese Überzeugung, die Zuversicht, die Höllrigl in dieser hektischen Zeit so ruhig und gelassen wirken lassen.

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