Johannes Thingnes Bø hat seinen Rücktritt erklärt. © APA/afp / TOBIAS SCHWARZ
Abschied unter Tränen: Bø hört auf
Eine Ära geht zu Ende: Biathlon-Superstar Johannes Thingnes Bø hat am Samstag im Rahmen des Weltcups in Ruhpolding erklärt, dass er seine rumreiche Karriere beendet.
18. Januar 2025
Von: leo/dpa
Der Norweger versuchte, den ersten Satz seiner Rücktrittserklärung vom Handy abzulesen, da brach die Stimme des Rekordweltmeisters und sofort liefen ihm die Tränen übers Gesicht. „Das ist richtig hart“, sagte Bø auf dem Podium und wischte sich die feuchten Augen wieder trocken. Immer wieder wurde der 31-Jährige von seinen Gefühlen überwältigt, als er am Samstag völlig überraschend verkündete, seine einzigartige Laufbahn schon nach dieser Saison zu beenden.
Biathlon verliert seinen Superstar, der ein Jahr früher geht, als er es eigentlich vorhatte. Schon die Olympischen Winterspiele in Italien im kommenden Jahr finden ohne den fünfmaligen Goldmedaillengewinner und 20-maligen Weltmeister statt. „Ich weiß, dass ich es schaffen könnte, noch öfter zu gewinnen, weil ich eine unglaubliche Gabe habe. Ich muss fast nicht trainieren, um die Nummer eins zu sein“, sagte Bø: „Aber es reicht nicht, um noch ein Jahr weiterzumachen.“
Familie wichtiger als Siege
Die vergangenen Jahre haben an Bø gezehrt. „Es nimmt dir und den Menschen um dich herum sehr viel, die Nummer 1 in deinem Sport zu bleiben“, sagte er. Der fünfmalige Gesamtweltcupsieger freut sich nun auf die Zeit mit seiner Familie. Zu Hause warten auf den 31-Jährigen neben Frau Hedda auch die Kinder Gustav und Sofia. „Die nächsten Rennen und Punkte sind nicht ganz so wichtig, wenn man eine Familie hat“, sagte Bø. Auf Instagram postete er ein emotionales Foto mit seinen beiden Kindern zur Rücktrittsankündigung.„Ich bin sehr motiviert, so gut wie möglich abzuschließen und Gelb zu verteidigen“, sagte Bø. Gesamtweltcupsieg Nummer sechs ist das Ziel, bevor er sich am 23. März nach dem Massenstart bei seinem Heimspiel am Holmenkollen hoch über Norwegens Hauptstadt Oslo zum letzten Mal nach einem Wettkampf die Ski abschnallt. „Ich bin bereit für das nächste Kapitel“, sagte Bø.
Einer der größten aller Zeiten: Johannes Thingnes Bø. © AFP / TOBIAS SCHWARZ
„Diese Entscheidung zeigt, dass der Mann noch inspirierender ist als der Champion“, schrieb sein früherer französischer Dauerrivale Martin Fourcade. Sein Teamkollege Sturla Holm Laegreid, der im Gesamtweltcup nur 48 Punkte hinter Bø liegt, schrieb: „Niemand oben, niemand daneben. Danke, dass ich ein Teil deiner Reise sein durfte.“ Er würdigte Bø als GOAT: Greatest Of All Time – der Größte aller Zeiten.
Zu seiner Abschiedspressekonferenz wurde keine zwei Stunden vor dem Termin um 12.00 Uhr eingeladen, kaum jemand hatte mit dieser Entscheidung des besten Skijägers der Welt zu diesem Zeitpunkt gerechnet. „Ich will, dass ihr alle Bescheid wisst“, sagte Bø. Einen Tag zuvor war er mit der norwegischen Staffel beim Weltcup im Chiemgau als Schlussläufer noch auf Platz vier gelaufen.
Ein Rekord nach dem anderen
Bø hatte 2013 sein Debüt im Weltcup gegeben und stellte in seiner Laufbahn viele Rekorde auf. Der Dauersieger ist mit 20 WM-Goldmedaillen gemeinsam mit seinem Landsmann Ole Einar Björndalen Rekordweltmeister. Den alleinigen Rekord will sich der Ausnahmekönner aus Stryn bei seiner letzten Weltmeisterschaft in Lenzerheide vom 12. bis 23. Februar holen.Eine Legende: Johannes Thingnes Bø © ANSA / RONALD WITTEK
Zudem schaffte er bisher 79 Weltcupsiege und insgesamt 88 Karriereerfolge. Nur Björndalen steht in dieser Statistik mit insgesamt 95 Erfolgen vor ihm. In Einzelrennen stand Bø 135 Mal (88 Siege) auf dem Podest. Dazu kommen 72 Podien (42 Siege) in den Staffelwettbewerben. 2023 machte Bø die WM in Oberhof zu seinen Festspielen, als er als erster männlicher Biathlet sieben Medaillen bei einer Weltmeisterschaft holte – davon fünfmal Gold. Aus Oberhof wurde scherzhaft „Boeberhof“. Zudem schaffte er es im Winter 2022/2023 inklusive der WM, elf Rennen nacheinander zu gewinnen. In der Saison 2018/19 holte Bø 19 Triumphe, auch das ist eine Bestmarke, die wohl so schnell keiner erreichen wird.
Dass er nun geht, ist unumstößlich, betonte Bø und fügte hinzu: „In 20 Jahren, wenn meine Kinder ausziehen, werde ich das sicher nicht bereuen.“ Am Sonntag (12.30 Uhr) tritt er in Ruhpolding im Massenstart wieder an. Pläne für die Zeit nach der Karriere hat er noch nicht. „Aber ich werde Biathlon sicher in irgendeiner Form treu bleiben.“
Profil bearbeiten
Sie müssen sich anmelden, um die Kommentarfunktion zu nutzen.
Kommentare (0)