Kolumne | Trump instrumentalisiert den Sport

Erst machte ich mir nur ein paar Sorgen. Solche der üblichen Art, aber auch schon solche, die einen früh aufwachen lassen und dann jedweden Versuch unterbinden, wieder einzuschlafen. Das Kopfkino schickt einen Impuls nach dem anderen durch sämtliche Abschnitte im Gehirn, das auch trotz mehrmaligem Bitten keine Ruhe gibt. Wie sieht die Zukunft aus? Sportlich gesehen? Das ist die über allem schwebende Frage, die mich umtreibt. Ich habe schon die Olympischen Spiele in Los Angeles 2028 vor Augen. Und Donald Trump. Noch dürfen ja keine russischen Sportler im Zeichen der Ringe starten.

Doch nachdem es der US-Präsident tatsächlich geschafft hat, Vladimir Putin wieder auf der Weltkarte salonfähig zu machen (siehe die Abstimmung im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, die Russland nicht mehr als Aggressor des Angriffes in der Ukraine sieht – mit der Enthaltung der vetoberechtigten Nationen Frankreich und Großbritannien), befürchte ich eine Aufweichung der Sanktionen auch gegen den russischen Sport.

Donald Trump, Präsident der USA. © APA/afp / JIM WATSON

Trump wird wohl alles in seiner durchaus nicht geringen Macht tun, um sich 2028 als großer Versöhner der olympischen Geschichte präsentieren zu können. Dass er den Sport auch politisch nutzen wird, hat er bereits bewiesen. Als erster Präsident der USA war er beim Superbowl in New Orleans zugegen. Die nächsten Sommerspiele dann zum Ausklang seiner zweiten Präsidentschaft wird er deshalb nicht verstreichen lassen, ohne seinen Einfluss beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) geltend zu machen. Dass er dort kein direktes Mandat besitzt, wird ihn kaum daran hindern. Es soll garantiert seine Show werden.

Verantwortung der Bach-Nachfolger Wie weit das gelingen kann, liegt natürlich auch daran, wer Mitte März als Nachfolger von Thomas Bach als neuer Präsident des IOC gewählt wird. Sechs Männer und eine Frau stehen zur Wahl, wobei einige Kandidaten nicht als persönliche Mitglieder im IOC sind, sondern nur, weil sie durch ihr Amt als Präsidenten eines Fachverbandes diesem Gremium angehören. Das ist durchaus kompliziert, denn es gibt klare Beschränkungen, was ihre Verweildauer im IOC betrifft. David Lappartiert, Frankreich – UCI, Sebastian Coe, Großbritannien – Worldathletics, Morinari Watanabe, Japan – FIG oder Johan Eliasch, Schweden/Großbritannien – FIS bräuchten Sonderregelungen. Für den Spanier Juan Antonio Samaranch jr. (Sohn des langjährigen IOC-Präsidenten Juan Antonio Samaranch), der wohl über das beste Netzwerk innerhalb des IOC verfügt, müsste gar eine Verlängerung seiner IOC-Mitgliedschaft bis 2033 beantragt werden da er schon 2029 die Altersgrenze für IOC-Mitglieder von 70 Jahren erreicht.

Gleiches gälte für Lord Sebastian Coe. Die große Frage für Los Angeles und dem weiteren Bestehen des Startverbotes für russische Mannschaften (in Paris durften ja schon Einzelsportler nach vorheriger Überprüfung starten) hängt also klar mit der Besetzung der Bach-Nachfolge zusammen. Kaum gesprochen wird über Kirsty Coventry aus Simbabwe, der ich durchaus Chancen zutraue. Die ehemalige Schwimmerin ist erst 41 Jahre alt und gilt als Bach-Vertraute. Würden alle Kandidaten Russland weiterhin von Olympia fernhalten?

Donald Trump © APA/afp / JIM WATSON

Ich bin sicher, dass Donald Trump längst seine Fühler ausgestreckt hat, um Los Angeles 2028 zu einem persönlichen Triumph werden zu lassen. Und Trump wird wissen, dass er etwa mit Sebastian Coe keinen Deal wird schmieden können. Angst habe ich auch, weil in seinem Kabinett tatsächlich nur ein Minister dabei ist mit schwarzer Hautfarbe. Scott Turner, ehemaliger Footballspieler und Motivationsredner mit eigener Modelinie, soll die Wohnungsnot bekämpfen. 650.000 US-Amerikaner haben keine Bleibe.. Schweißgebadet drehe ich mich noch mal um und mir fallen die Olympischen Spiele 1936 ein. Mit umgekehrten Vorzeichen und dem Glück, dass ein Jesse Owens dem damaligen Regime einen Strich durch die braune Rechnung machte.

Politisch aufgeladener Sport Und Trump bekommt auch noch die Chance, vor Los Angeles zu üben. Nächstes Jahr schon findet die Fußball-Weltmeisterschaft in den USA statt. Aber auch in Kanada und Mexiko. Ausgerechnet, denn schon jetzt hat die Politik mächtig Einzug gehalten in der Sportszene. Die Mexikaner sind nicht sonderlich erfreut, dass der Golf von Mexiko jetzt Golf von Amerika heißen soll. Und wenn die Trump-Regierung spart, dann nicht an den Grenzzäunen zu Mexiko. Vielleicht lässt man ein fußballgroßes Loch frei. Und die Kanadier sind eh sauer, weil Trump gleich mal ihr ganzes Land will. Nach Panama und Grönland natürlich. Im Deutschlandfunk war zu lesen, dass Trump das US-Eishockeyteam angespornt habe gegen Kanada, &bdquo;das vielleicht schon bald unser geschätzter und sehr wichtiger 51. Bundesstaat werden wird.“

Kanada gewann in einem unglaublich hitzigen Spiel und Kanadas Präsident Justin Trudeau konterte in den sozialen Medien: &bdquo;Sie können uns unser Land nicht nehmen. Und sie können uns unser Spiel nicht nehmen.“ In einem Match zuvor, das die USA gewannen, hatten kanadische Fans während der US-Hymne gebuht. Längst hat es Donald Trump geschafft, auch den Sport in seine aufgeladene politische Dimension hineinzutreiben. Für die Fußball-WM 2026 und auch für die Olympischen Spiele 2028 sind das keine guten Vorzeichen.

Zum Autor: Sigi Heinrich Der vielfach prämierte Sportjournalist (u.a. Gewinner des Deutschen Fernsehpreises, des Bayerischen Sportpreises, nominiert für den renommierten Grimme-Preis), Buchautor, langjähriger Sportredakteur der Süddeutschen Zeitung und seit 1989 Kommentator bei Eurosport, widmet sich in seiner wöchentlichen Kolumne der gesamten Vielfalt des Sports. Mal mit schmunzelndem Augenzwinkern, mal nachdenklich oder bewusst provozierend. Es soll ja für alle etwas dabei sein.

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