Schneeflocken gegen Schneekanonen

Es ist, wider Erwarten, dann doch wieder ein Schauspiel. Schneeflocken tanzen wie Wattebällchen durch die Luft und sind doch sehr zielstrebig. Gerade so, als würde sie eine unbekannte Macht nach unten drücken. Auf die Erde, wo sie dann ihr kurzes Leben aushauchen und zerfließen, wenn sie den Boden berühren. Noch. Später werden sie sich kräftig gegen den frühen Tod wehren und als weiße Masse eine dicke Schicht bilden. Dann steht sie wieder zur Verfügung, die Grundlage für den Spaß im Schnee. In jedweder Form. Ein Handelsunternehmen in Österreich hatte neulich Schneeschuhe im Angebot. Einen Tag, nachdem die Werbung im Briefkasten lag, waren die Regale leer. Überall. Praktisch landesweit. Es ist ein gutes Zeichen. Irgendwie. Denn Schneewandern bedeutet sanften Tourismus, der sich im Lockdown des vergangenen Jahres als Renner entpuppt hat. Plötzlich beginnt die Langsamkeit des Seins Oberhand zu gewinnen vor der rasenden Schussfahrt. Die Lifte fuhren nicht. Wie früher, als es sie gar nicht gab. Da blieb als Alternative nur der mühsame Aufstieg mit Fellen unter dem Belag. Oder eben das gleichmäßige Stapfen im Schnee. Nicht ganz so anstrengend, aber doch eine Erfüllung, wenn der gleichmäßige Atem den Rhythmus diktiert. Ja, bald ist es wieder so weit. Der Tanz der Flocken ist das Vorspiel. Die Natur überlisten Viele können und wollen freilich nicht warten. Es zieht sie magisch dorthin, wo die vielfach zitierte weiße Pracht schon als flauschiger Teppich die Landschaft belegt. Vor allem die Wintersport-Elite ist froh und glücklich, endlich wieder die Skier durch die gewohnte Spur gleiten lassen zu können. Viele Biathletinnen und Biathleten (auch das italienische Team um Dorothea Wierer) etwa sind jetzt schon in Sjusjoen gelandet, etwa 20 Kilometer von Lillehammer entfernt. Es gibt dort ein Loipennetz von sage und schreibe 3500 Kilometern. Zusammenhängend. Später, wenn der Winter mal richtig Einzug gehalten hat. Noch ist die Unterlage künstlicher Natur, denn Frau Holle hat sich noch nicht ordentlich ins Zeug gelegt. Aber das ist ja mittlerweile, so sagt man das gerne, kein Problem mehr. Der Mensch will auf Teufel komm raus die Natur überlisten und schießt deshalb aus vollen Rohren. Mit Schneekanonen. Die Entdeckung dazu kam aus der Luftfahrt. Längst gibt es verschiedene Herstellungsmethoden und der Begriff &bdquo;Kunstschnee“ wird mittlerweile durch &bdquo;technischen Schnee“ ersetzt. Und auch die früher unbedingt notwendigen Minustemperaturen sind nicht mehr unbedingt notwendig. Mit der Beimischung von Bakterienproteinen wird das schnellere Gefrieren der Wassertropfen unterstützt. Durch diese Kristallisationskeime sind Plusgrade kein Problem mehr. Aber Wasser, ja Wasser benötigt man noch immer, weshalb Speicher angelegt werden. Ressourcen für den Spaß im Schnee. Als wolle man zum letzten Tanz bitten. Es gibt einen James-Bond-Film (&bdquo;Ein Quantum Trost, 2008), in dem es darum geht, dass Wasser mehr wert ist, als alles Gold dieser Welt. Bösewichte sichern sich Wasserrechte und verknappen das wertvolle Gut. Ganze Landstriche veröden so. Menschen verdursten. Und das ist eben kein Sciencefiction-Movie. Eine Piste als Mahnmal Es ist längst bittere Wahrheit geworden. Im Augenblick reden wichtige Politiker in Glasgow wieder über den notwendigen Klimawandel, der diejenigen, die sich damit jetzt beschäftigen, persönlich vermutlich kaum noch trifft, weshalb den vielen Worthülsen selten bis gar nicht die notwendigen Taten folgen. Zeichen müssten gesetzt werden, Bescheidenheit wäre gefragt, Demut vor der Natur. Skifahren geht nur, wenn der Schnee vom Himmel fällt. Nicht früher und wenn die Skigebiete zu niedrig liegen und nicht genug von der notwendigen Unterlage vorhanden ist, dann ist das halt so. Liftbetreiber, Touristiker und Hoteliers werden so etwas natürlich nie akzeptieren. Gewinnmaximierung lautet das Motto. Immer mehr. Dabei ist immer weniger möglich. Die Natur wehrt sich. Wir wollen sie dennoch weiter überlisten und setzen Zeichen, die fatal sind. In Österreich haben sie auf der Resterhöhe (1864m) beim Pass Thurn in Mittersill eine Piste ausgewalzt. 700m lang. Immerhin aus Altschnee des vergangenen Jahres. Es ist eine weiße Zunge, ein Mahnmal des Wahnsinns in dieser Zeit. Die indische Skinationalmannschaft mit ihrem österreichischen Trainer Werner Margreiter nutzt sie zur Vorbereitung auf die Olympischen Winterspiele in Peking……

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Schneeflocken gegen Schneekanonen

Die ersten Schneeflocken tanzen vom Himmel. Unser Kolumnist Sigi Heinrich gerät darüber ins Schwärmen und hofft, dass man künftig der Natur mehr Demut entgegenbringt und weniger Schneekanonen.

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