Claudia Schuler: „Ich war sehr nahe am Burn-out“

Zuerst sprach sie lediglich über eine Auszeit, aber schon bald fokussierte sie sich auf andere Möglichkeiten. Wie die mittlerweile 31-Jährige ihr aktuelles Leben gestaltet, verrät Sie im Interview mit s+. s+: Sie haben 2016 Ihren letzten Wettkampf bestritten. Wie stark vermissen Sie den Spitzensport und was genau daran? Claudia Schuler: &bdquo;Ich vermisse den Spitzensport schon sehr, vor allem aber die anderen Athleten und die Welt des Behindertensports. Das war schon ein ganz spezielles Leben, das ich da als Sportlerin führen durfte. Ich war es gewöhnt, auf Adrenalin zu sein, mit Höhen und Tiefen umzugehen und immer ein Ziel vor Augen zu haben. Das vermisse ich schon sehr. Privat ist das gar nicht so leicht zu finden, oder zumindest nur in einer anderen Form. Auch die Welt der Körperbehinderten fehlt mir sehr, der Kontakt und der Austausch untereinander. Wenn man keine Wettkämpfe bestreitet, fehlen die Kontakte, die sich sonst auf natürliche Art und Weise ergeben haben.“ Sie wollten nach der verpassten Quali für die Paralympics 2016 bloß eine Auszeit nehmen. Wie ist es dann schlussendlich zum eher stillen Rücktritt gekommen? Oder haben Sie noch immer ein mögliches Comeback im Hinterkopf? &bdquo;Als ich 2016 mit dem Sport aufgehört habe, hatte das seine Gründe. Für mich persönlich war es keine einfache Zeit. Ich habe alles darangesetzt, mich für die Paralympics in Rio zu qualifizieren und habe dabei mit Trainerwechsel und einer Verdreifachung meines Trainingspensums alles auf eine Karte gesetzt. Das Training war dann einfach zu viel für mich. Rückblickend könnte man sagen, dass ich sehr nahe an einem Burn-out war. Ich konnte mich nicht mehr konzentrieren, hatte keine Freude mehr an dem, was ich tat. Was ich damals von mir selbst verlangt habe, war einfach zu viel. Bei meiner Sportart, dem Handbiken, wird natürlich nur der Oberkörper trainiert, was zu einer großen einseitigen Belastung des Körpers geführt hat. Ich habe dann auch die Freude am Sport ein wenig verloren.“ „Ich habe alles darangesetzt, mich für die Paralympics in Rio zu qualifizieren und habe dabei mit Trainerwechsel und einer Verdreifachung meines Trainingspensums alles auf eine Karte gesetzt.“ Claudia Schuler &bdquo;Dann hatte ich auch noch eine Operation, die mir in meinen Gedanken herumschwebte und mich ziemlich belastet hat. Nach der ersten Enttäuschung hat sich dann mein Leben einfach anders entwickelt. Ich vermiete jetzt Ferienwohnungen und habe großen Spaß, mit den Gästen zu arbeiten. Ich habe ja damals auch die touristische Oberschul-Ausbildung in der FOS Meran gemacht. Aktuell zieht es mich nicht wirklich in den Leistungssport zurück und ich kann mir deswegen ein Comeback auch nur schwer vorstellen. Aber mein Herz schlägt immer noch für den Sport. Ich fahre immer noch mit dem Handbike, aber mit einem Mountainbike, zu den Almen hinauf. Früher musste ich immer auf den Radwegen trainieren, jetzt kann ich auch hinauf in die Berge fahren und kann dort die wunderschöne Aussicht genießen. Das tut mir wahnsinnig gut.“ Sie hatten ja eine Mentaltrainer-Ausbildung in Ausblick. Ist es dazu auch gekommen? &bdquo;Ich habe diese Ausbildung aus Interesse gemacht, im Zuge meiner Diplomarbeit habe ich dann über Burn-out im Sport geschrieben. Das hat mir sehr geholfen, alles zu verarbeiten, was mir selber so passiert ist und zu verstehen, was ich alles falsch gemacht habe. Selbst als Mentaltrainerin zu arbeiten, ist jetzt noch nicht mein primäres Ziel. Das ist eine Möglichkeit für die Zukunft. Jedenfalls hat mich die Thematik des Mentalen immer schon interessiert. Man kann selbst viel dazu lernen durch die verschiedenen Übungen, die ich in der Ausbildung kennengelernt habe. Das bringt einen in der eigenen Entwicklung selbst weiter, auch in meinem jetzigen Leben. Wie gesagt, es bleibt eine Möglichkeit für die Zukunft, aber momentan liegt mein Schwerpunkt in der Arbeit mit den Gästen.“ Wie geht es Ihnen als Vermieterin von Ferienwohnungen und Rezeptionistin? &bdquo;Wegen Corona ist es immer noch etwas schwierig, aber ich persönlich bin sehr zufrieden. Mir ist wichtig, dass ich wieder arbeiten kann und neue Bekanntschaften schließen darf. Ich bin jemand, der gerne unter Menschen ist. Deswegen macht mir der Kontakt mit den Gästen sehr viel Spaß. Es ist natürlich ganz etwas anderes wie meine Vergangenheit im Profisport.“ Das ist Claudia Schuler Claudia Schuler wurde am 28. November 1989 in Meran geboren und ist aufgrund eines Ärztefehlers seit dem Alter von 3 Monaten an den Rollstuhl gefesselt. Die absolvierte die Oberschule mit Fachrichtung Tourismus und Fremdsprachen in Meran, begeisterte sich aber immer schon für den Sport. Für sie ging es auf dem Handbike bis an die Weltspitze. Zu den größten Erfolgen zählte ein 6. (Zeitfahren) und 9. Platz (Straßenrennen) bei den Paralympics in London 2012, ein 4. Platz (Straßenrennen) bei der WM 2011 in Dänemark und als persönliches Highlight der Weltcup-Heimsieg 2013 im Straßenrennen in Marling. Als Schuler die Qualifikation für Rio 2016 verpasste, entschied sie sich für einen neuen Weg abseits des Profi-Sports. In Innsbruck absolvierte sie die Ausbildung zur Mentaltrainerin, aktuell arbeitet sie als Rezeptionistin und vermietet Ferienwohnungen in Plaus, wo sie auch zu Hause ist. Interview: Tobias Unterhofer

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Es ist still geworden um sie: Claudia Schuler, über viele Jahre Südtirols beste Handbikerin, verließ den Behinderten-Sport nach der verpassten Qualifikation für die Paralympischen Spiele in Rio 2016 durch eine Nebentür.

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