Kolumne | Kaviar für die entlassenen Trainer

Was für eine Woche! Recht viel turbulenter geht es kaum. Den Nachrichtenmachern wurde Stoff in Hülle und Fülle geliefert. Zu viel, habe ich den Eindruck, denn es scheint, als wurden die Filter, durch die Neuigkeiten rauschen, ziemlich grobmaschig angelegt. 27 Millionen Hungernde im Sudan fallen durch das Sieb. Gewalt und Flucht seit mehr als eineinhalb Jahren dort sind Alltag in den hiesigen Redaktionsstuben. Thomas Müller, ein Fußballspieler, der wohl bald seine aktive Laufbahn beenden wird, um möglicherweise im Verein Funktionär zu werden (die Spatzen, sie wissen, sie pfeifen wie immer fleißig vom Dach am Betriebsgelände beim FC Bayern München), hat seinem Herzblatt ein Flugzeug gekauft. Endlich mal eine wirklich auch zu Herzen gehende Schlagzeile. Über 3,1 Millionen Menschen sind derweil in Ostafrika von den Folgen verheerender Überschwemmungen getroffen worden. Hunderte sind gestorben. Zu weit weg. Das haben wir selber. In Spanien, in Frankreich, in Italien, Österreich, Ungarn oder Rumänien. Da ist eine Seite schon voll und für Afrika kein Platz mehr. Und außerdem werden gerade wieder überall in allen Ligen der Welt Trainer entlassen. Nicht nur im Fußball, aber dort vor allem. Das ist typisch für den November, denn nach einer gewissen Zeit kommt das erste Resümee und dazu die Angst, die gesteckten Ziele nicht zu erreichen. Dabei trifft es fast immer die Übungsleiter, auch wenn deren Voraussetzungen mitunter ziemlich problematisch sind um nicht zu sagen: Schwierig. Schwache Ausstattung Stellen sie sich vor, sie bekommen einen Baukasten mit Motor, Rädern, Getriebe und alles, was man halt so braucht, um ein Auto zu bauen. Allerdings nur normale Teile. Kein Luxus, weit gefehlt. Verlangt wird dann, wenn sie so ein Schrauber, respektive also Trainer sind, dass die Kiste trotzdem Formel-1 Niveau hat. Sie sollen also Wunder vollbringen. Die aber sind echt selten, weshalb dann plötzlich überall Punkte fehlen. Die Schuld nimmt indes in den seltensten Fällen jener auf sich, der das Material ausgesucht hat. Nennen wir ihn einfach mal &bdquo;Sportdirektor“ oder &bdquo;Spielereinkäufer“. Ausbaden muss die mangelnde Qualität der für den Ablauf Verantwortliche. Der Trainer. Adieu. Es gibt dann den Job des &bdquo;Interimstrainers“; der also kurz mal das Steuer übernimmt, aber auch nicht mehr PS zu Verfügung hat. Die Szenerie ist erstaunlicherweise übertragbar. Vom FC Südtirol zur TSG Hoffenheim, zu Jahn Regensburg, Greuther Fürth und so weiter. Es ist eine Kette, die immer neue (Mit)-Glieder erhält. Übrigens trifft das nicht nur auf Clubs im Profibereich zu. Die Amateurvereine halten da prima mit. Wer nicht gewinnt, fliegt. Der Stör gedeiht So geht der Stoff für die digitale und auch für die analoge Papierausgabe nicht aus, obwohl man derzeit bestimmt Mühe hat, aktuell am Ball zu bleiben, zumal ja auch sonst der Teufel gerade zündelt, was das Zeug hält. Die Bomben, die Russland auf die Ukraine schüttet, gehören längst zur Standardmeldung wie auch die dazugehörigen Bilder der zerbombten Wohnhäuser. Ein paar Zahlen über Tote und Verletzte ergänzen die Szenerie, die auch aus dem Nahen Osten zu uns findet. Wird trotzdem bald alles gut? Bestimmt. Die Weltklimakonferenz tagt in Aserbeidschan. Nur so nebenbei. Das Kaspische Meer, der größte Binnensee der Erde, könnte, wenn es nicht gelingt, den Klimawandel zu stoppen, um ein Drittel zurückgehen. Bald liegt Baku nicht mehr am Wasser. Schon jetzt gehen Fischer dort, wo sie früher ihren Fang in die Boote gezogen haben, trockenen Fußes zu ihren Booten, die an Land verrotten. Aber keine Angst: Der Stör, der den für uns alle so lebenswichtigen Kaviar produziert, wird schon künstlich gezüchtet, wie auch der Lachs und der Tunfisch. Überfischung ist übrigens auch keine Schlagzeile mehr und sowieso sind das Fake-News, den die Kühltruhen in den Supermärkten sind ja voll mit Fischstäbchen. Und außerdem kommt jetzt wieder Donald Trump und ich habe Hoffnung, denn einer von uns wird Verteidigungsminister der USA. Den Fox-News Moderator Pete Hegseth hat Trump ausgewählt. Ein Fernsehmann, der nie Nachrichten gemeldet hat, sondern Meinung gemacht hat. Im Sinne von Trump natürlich. Das wird belohnt. Ich bin nicht gerade stolz diesbezüglich auf unseren Berufsstand; der von Hegseth entehrt wurde. Es ist ein trauriges Kapitel, wie auch jenes, das gerade die Politik in Deutschland schreibt. Das Blinkfestival der Ampel ist vorbei und die Reaktion darauf: Der Kinderbuchautor Robert Habeck, Wirtschaftsminister und Umweltminister aus der Partei der Grünen, will jetzt Bundeskanzler werden. Allen Ernstes. Ich warte gespannt auf die nächsten Kapitel. Bis dahin halte ich mich an &bdquo;Das Kalendermädchen“, den neuen Psychothriller von Sebastian Fitzek. Perfekt passend zur in jeder Beziehung dunklen Jahreszeit im Moment. Zum Autor: Sigi Heinrich Der vielfach prämierte Sportjournalist (u.a. Gewinner des Deutschen Fernsehpreises, des Bayerischen Sportpreises und nominiert für den renommierten &bdquo;Grimme-Preis“), Buchautor, langjähriger Sportredakteur der Süddeutschen Zeitung und seit 1989 Kommentator bei Eurosport, widmet sich in seiner wöchentlichen Kolumne der gesamten Vielfalt des Sports und des Lebens. Mal mit schmunzelndem Augenzwinkern, mal nachdenklich oder bewusst provozierend. Es soll ja für alle etwas dabei sein.

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Kolumne | Kaviar für die entlassenen Trainer

Der November ist der Monat der Trainerentlassungen. Unser Kolumnist Sigi Heinrich weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nicht immer die Übungsleiter die Schuldigen an einer sportlichen Talfahrt sind. Und so nebenbei scheint die Welt ja auch noch aus den Fugen zu geraten.

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