Fabian Tait hat seinen Blick auf die wesentlichen Dinge im Leben gerichtet. © FCS

Wenn das Schicksal zuschlägt: Fabian Tait lässt tief blicken

Fabian Tait ist kein gewöhnlicher Fußballprofi. Er verkörpert einen Verein wie kaum ein anderer Spieler in Italien. Wirklich besonders macht ihn aber seine Lebensgeschichte abseits des grünen Rasens. Eine, die dem 32-Jährigen aus Salurn viel abverlangt, die zugleich aber auch anderen Menschen Kraft geben kann.

14. März 2025

Als sich SportNews mit Fabian Tait am frühen Nachmittag im FCS-Center trifft, hat dieser gerade das Freitag-Training beendet. Nach einer kurzen Massage beim Physio spaziert er in Badeschlappen zum Interview-Termin. Der Fokus ist schon auf den nächsten Gegner gerichtet. „Business as usual“, so scheint es. Doch in Wirklichkeit ist für den Kapitän in diesen Wochen kaum etwas „as usual“, also in geregelten Bahnen. Er hat eine enorm schwierige Zeit hinter sich, die „schwierigste seit ich Fußballer bin“, sagt Tait selbst.

Der 32 Jahre alte Profi war monatelang völlig weg vom Fenster. Eine Sehnenverletzung in der Hüfte setzte ihn außer Gefecht, gleichzeitig taumelte sein FCS in den Tabellenkeller. So viel zum Sportlichen. Mit „schwierigste Zeit“ meint Tait aber in erster Linie das, was sich abseits des Rasens zugetragen hat. Mitten in seine Verletzungszeit fiel ein schwerer Schicksalstag: Sein Vater Paul, selbst eingefleischter FCS-Fan und steter Wegbegleiter, starb im Alter von 60 Jahren. „Wir wussten lange Zeit nichts von seinem Krebsleiden, plötzlich ging alles ganz schnell“, schildert er. Er verbrachte die letzten Tage bei ihm am Krankenbett. Das war im Januar.

In Salurn fühlt sich Tait wohl

Das Gespräch mit Tait in den Räumlichkeiten des FCS-Centers ist ein sehr offenes. Der Kapitän nimmt sich viel Zeit, wirft immer wieder nachdenkliche Blicke an den Deckenboden, führt aber stets mit gefestigtem Ton aus, auch bei unangenehmen Themen. Ungefragt gewährt er Einblicke in seine Gefühlswelt. „Ich habe eines gelernt: Immer wenn man denkt, es geht nicht schlimmer, dann kommt es noch heftiger.“ Seit dem Tod seines Vaters kümmert er sich mit seinen Brüdern um die kranke Großmutter, die im selben Haus wohnt.

„Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, alles ist bestens“ Fabian Tait

Tait hat gelernt, mit Schicksalsschlägen umzugehen. Seine Mutter erlag ebenfalls einem Krebsleiden, weitere nähere Verwandte starben in jungen Jahren. „Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, alles ist bestens“, sagt der 32-Jährige ehrlich. Er wisse aber mittlerweile, „wie ich mit gewissen Dingen klarkomme. Ich brauche den Halt meines Umfelds, meiner Freundin, den Kontakt zu Freunden und auch meine Arbeit, den Fußball. Wenn ich mir die Stollenschuhe anziehe, dann denke ich an nichts anderes, dann sind Probleme abseits des Rasens ausgeblendet.“

Tait sagt, bei manchen sogenannten Fußballer-Problemchen müsse er in Zeiten wie diesen schmunzeln. „Klar beschäftige auch ich mich in der Kabine mit Themen, die eigentlich völlig belanglos sind“, so der Routinier, es gebe dann aber doch Momente, in denen er sich zurückziehe, um die Dinge zu relativieren, ihnen die richtige Gewichtung zu geben, wie er selbst betont.

Fabian Tait findet beim Fußball auch Ablenkung. © FCS

In Zeiten wie diesen kommt Tait zugute, dass er die Möglichkeit hat, in seiner Heimat als Profifußballer tätig sein zu können. Mehr noch als das. Er ist das Gesicht seines Heimatvereins. Perfekt zweisprachig, offenherzig, zugänglich. Ein Mann mit Biss, mit Mentalität. Einer, der sich von den Amateuren bis in den gut bezahlten Fußball hochgearbeitet hat. Keiner hat den FC Südtirol je so verkörpert, wie es Fabian Tait tut. Mit 374 Einsätzen ist er der Rekordspieler des Vereins.

Aktuell nur Teilzeitkraft

Der nächste Einsatz, dann der 375., dürfte am Sonntag im Heimspiel gegen Carrarese (ab 15 Uhr im SportNews-Ticker) dazukommen, wenngleich es neuerlich ein Teilzeit-Einsatz sein wird. Überhaupt hat der Mittelfeldmann in dieser Saison noch nie durchgespielt. „Damit kann ich leben“, sagt er augenzwinkernd und fügt hinzu: „Ich bin schon froh, dass ich nach dieser langwierigen Verletzung wieder aushelfen kann. Meine Aufgabe ist es aktuell, frischen Wind ins Spiel zu bringen. Und das passt.“

Fabian Tait gab vor zwei Wochen sein Comeback, die Fans im Drusus-Stadion applaudierten heftig. © FCS

Tait sieht sich aktuell selbst bei 50 Prozent seines Leistungsvermögens, nach der Länderspielpause „wird es deutlich besser ausschauen“. Dann steht auswärts gegen Mantova das nächste richtungsweisende Spiel an. Bis dahin findet der Kapitän seine Aufgabe primär darin, „die Musik in der Kabine ab und zu ein bisschen leiser zu drehen, den ein oder anderen Spieler etwas zu bremsen.“ Denn die momentane Euphorie tue zwar gut, „doch wir dürfen nach den jüngsten Erfolgen nicht übermütig werden, das wäre fatal.“

Der seit vier Runden ungeschlagene FC Südtirol ist die Tabelle empor geklettert, steht aktuell am rettenden Ufer. Dennoch warnt Tait vor den nächsten Aufgaben: „Wir müssen aufpassen, uns keine Rückschläge einzufahren, uns nicht aus der Bahn werfen zu lassen.“ Wie das geht, weiß wohl keiner besser als Fabian Tait selbst.

Die Serie-B-Termine vom Wochenende:

Freitag, 14. März
Palermo – Cremonese 2:3

Samstag, 15. März
Cesena – Spezia (15 Uhr)
Cittadella – Sassuolo
Frosinone – Brescia
Juve Stabia – Modena
Pisa – Mantova (17.15 Uhr)
Bari – Salernitana (19.30 Uhr)

Sonntag, 16. März
FC Südtirol – Carrarese (15 Uhr)
Reggiana – Sampdoria
Catanzaro – Cosenza (17.15 Uhr)