Raphael Kofler fühlt sich zuhause in Südtirol pudelwohl. © Thomas Debelyak
Mit Mamas Opel zum Training: Raphael Kofler tickt anders
Raphael Kofler ist aktuell Südtirols prachtvollstes Fußball-Juwel. Er besticht in Italiens U20-Nationalteam, hat beim FCS eine Stammrolle inne. Und dennoch: Irgendwie passt der 19 Jahre junge Rablander nicht in dieses mit Millionen vollgepumpte Fußballgeschäft. Ein Gespräch über Luxusautos, Omas Kochkünste und Wechselgerüchte.
22. November 2024
Von:
Alexander Foppa
Es ist Donnerstagmorgen, als sich SportNews mit Raphael Kofler in den Räumlichkeiten des FCS-Centers in Rungg zum Interview trifft. Nur zwei Tage zuvor hat er erstmals für Italiens U20-Nationalmannschaft getroffen und dadurch seinen Namen auf den Notizblöcken der Scouts selbst nochmal fett unterstrichen. „Er wird Serie A spielen“, wiederholt FC-Südtirol-Kapitän Fabian Tait immer wieder. In der Tat, der 1,93 Meter große Innenverteidiger ist ambitioniert. Allerdings gibt er im folgenden Gespräch eine private Seite von sich preis, die so gar nicht in Einklang steht mit den glamourvollen Zukunftsprognosen.
Bei Ihrem Debüt im U20-Nationalteam im Oktober haben Sie gegen England ein Gegentor verschuldet, am Dienstag wurden Sie als Torschütze gefeiert. Wie hat sich der Moment angefühlt?
„Der erste Einsatz ging für mich völlig in die Hose. Allerdings hat mich der Trainer gleich im nächsten Spiel gegen Portugal erstmals von Beginn an gebracht, das hat richtig gut getan. Das hat mir Sicherheit gegeben. Dass ich dieses Vertrauen nun zurückzahlen konnte, ist umso schöner. Das Tor selbst war ein toller Moment.“
Raphael Kofler feierte seine Tor-Premiere für Italiens U20. © Gabriele Maltinti - FIGC
Damit haben Sie auch Co-Trainer und Innenverteidiger-Legende Leonardo Bonucci glücklich gemacht. Wie haben Sie ihn kennengelernt?
„Als einen sehr bodenständigen, unkomplizierten Typ. Die großen Erfolge, die er als Fußballer gefeiert hat, lässt er sich nicht ankennen. Dennoch war ich anfangs etwas nervös. Das hat sich aber mit den ersten Gesprächen gelegt – auch weil Bonucci gleich offen auf mich zugegangen ist und mich als Innenverteidiger unter seine Fittiche genommen hat. Er hat mir den Tipp gegeben, auf dem Platz laut zu kommunizieren. Das möchte ich auch beim FC Südtirol umsetzen.“
Apropos FC Südtirol: Dort hatten Ihnen Kritiker anfangs die Serie-B-Tauglichkeit abgesprochen, mittlerweile zählen Sie aber bereits beim dritten Trainer in Folge zum Stammpersonal. Empfinden Sie Genugtuung?
„Ich muss schon zugeben, dass die Anfangszeit keine einfache war. Der Sprung von der Primavera-Meisterschaft in die Serie B ist riesengroß. Ich bin dann nach den Spielen manchmal zuhause gesessen und habe mich gefragt, ob ich überhaupt gut genug bin für diese Liga. In dieser Zeit haben mir meine Famile und meine Mitspieler, allen voran Fabian Tait und Andrea Masiello, sehr geholfen.“
„Ich bin zuhause gesessen und habe mich gefragt, ob ich gut genug bin für diese Liga.“ Raphael Kofler
Sitzen Sie auch heute noch nach Spielen zuhause und grübeln?
„Klar gibt es Spiele, nach denen man abends länger wach im Bett liegt. Mit der wachsenden Spielerfahrung habe ich aber gelernt, mit solchen Momenten besser umzugehen. Heute sage ich: Fehler machen ist das Normalste auf der Welt. Wichtig ist, daraus die richtigen Lehren zu ziehen und sie möglichst nicht zu wiederholen.“
Sind Sie eigentlich froh darüber, wieder auf Ihrer Stammposition in der Abwehr und nicht mehr im Mittelfeld eingesetzt zu werden?
„Ja, ohne Zweifel. Die Rolle im Mittelfeld war keine einfache für mich, da hatte ich Schwierigkeiten. Ich hätte damals aber niemals daran gedacht, mich zu beschweren. Im Grunde spiele ich dort, wo mich der Trainer hinstellt – und wenn es vorne im Angriff ist. Am Ende war auch das eine lehrreiche Zeit, von der ich heute in meinem Spiel profitiere.“
Raphael Kofler im Gespräch mit den SportNews-Redakteuren. © Thomas Debelyak
Ist Fußball bei Ihnen zuhause am Esstisch eigentlich das vorherrschende Thema?
„Wir sind eine sehr fußballbegeisterte Familie. Mein Bruder spielt selbst bei Naturns in der Landesliga, er ist zudem eingefleischter Bayern-Fan. Da kommen natürlich immer wieder Fußballthemen auf. Aber es ist auch sehr angenehm, zuhause mal über ganz gewöhnliche Alltagsdinge zu sprechen. Ich genieße auch sehr die Zeit, die ich mit meiner Freundin verbringen darf. Da bekommt man den Kopf frei.“
„Ohne die wertvollen Tipps meiner Oma funktioniert bei mir am Herd nicht viel.“ Raphael Kofler
Wo finden Sie sonst noch Ablenkung?
„Viele meiner Freunde kicken selbst, ihnen schaue ich gerne zu. Ich bevorzuge es, mit Bekannten ein Amateurfußballspiel zu besuchen, anstatt mir zuhause im Fernsehen die Champions League reinzuziehen. Außerdem macht mir Kochen Spaß. Ich habe gelernt, sehr auf meine Ernährung zu achten und probiere dementsprechend gerne das ein oder andere Gericht aus. Ich muss aber zugeben: Ohne die wertvollen Tipps meiner Oma funktioniert bei mir am Herd nicht viel.“
Im Unterschied zu Ihren Mitspielern wohnen Sie noch zuhause bei Ihren Eltern, prallen da in der Umkleidekabine Welten aufeinander?
„Ich komme auch noch mit dem Opel Corsa von meiner Mutter zum Training. Den parke ich aber nicht neben den Autos meiner Mitspieler, sondern draußen vor den Toren des FCS-Centers (lacht). Nein im Ernst: Ich denke schon, dass man als junger Spieler bescheiden auftreten sollte, Hierarchien innerhalb des Teams respektieren muss. Denn nur so entsteht mannschaftlicher Zusammenhalt. Hier beim FC Südtirol gibt es keinen, der sich als Einzelner zu wichtig nimmt. “
„Ich bin ein Mensch, der sehr an seine Heimat gebunden ist.“ Raphael Kofler
Hilft Ihnen der enge Kontakt zum privaten Umfeld um bodenständig zu bleiben?
„Ja, definitiv! Ich bin ein Mensch, der sehr an seine Heimat gebunden ist. Ich kann mir nicht vorstellen, im jungen Alter von zuhause wegzugehen. Hier fühle ich mich sehr wohl, hier geht es mir gut. Ich denke, das wirkt sich schlussendlich auch auf meine Leistungen aus. Ich bin froh, durch den Fußball so viel rumzukommen, so viel zu erleben. Das hat mich schneller reifen lassen als vielleicht andere 19-Jährige. Aber ich bin auch froh, wenn ich dann wieder zuhause bin.“
Über den nächsten Karrieresprung denken Sie also noch nicht nach?
„Natürlich möchte ich irgendwann ganz oben spielen. Aber dem Gerede über Serie A oder potenzielle Interessenten aus höheren Ligen kann ich aktuell wenig abgewinnen. Viel lieber möchte ich versuchen, demnächst nebenher ein Online-Studium zu beginnen. Vor allem aber will ich mit dem FC Südtirol erfolgreich sein und dazu beitragen, dass auch nächstes Jahr in Bozen Zweitliga-Fußball gespielt wird. Das ist mein großes Ziel.“
Welche Botschaft richten Sie an die FCS-Fans vor dem nächsten Spiel?
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