Bekommt die Champions League bald Konkurrenz? © APA/afp / MARCO BERTORELLO
Im Zweifel für die Super League: EU-Richter schwächen UEFA
Der Europäische Gerichtshof fällt sein Urteil im Super-League-Streit – und das liest sich deutlich anders als erwartet. Dem europäischen Fußball stehen unruhige Monate bevor.
21. Dezember 2023
Von: dpa/det
Das mit ruhiger Stimme auf Spanisch vorgetragene Super-League-Urteil aus Luxemburg versetzte die alteingesessenen Kräfte im europäischen Fußball in einen Schock. In nicht erwarteter Deutlichkeit straften die Richter des Europäischen Gerichtshofs am Donnerstag die internationalen Verbände UEFA und FIFA für deren Monopolstellung ab. Ein Konkurrenzprodukt zur Champions League muss laut EU-Recht grundsätzlich möglich sein – auch, wenn sich nach der Verkündung gleich wieder großer Widerstand formierte.
Das Urteil ändere „nichts an der Haltung des FC Bayern und an der Haltung der ECA, dass ein solcher Wettbewerb einen Angriff auf die Bedeutung der nationalen Ligen sowie die Statik des europäischen Fußballs darstellen würde“, sagte Jan-Christian Dreesen als Vorstandsvorsitzender des FC Bayern und Vize der mächtigen Club-Vereinigung ECA auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Das Urteil
Schnell ging es um die Deutungshoheit des Richterspruchs. Die Europäische Fußball-Union verwies darauf, dass das EuGH-Urteil keine „Billigung oder Bestätigung der sogenannten Super League“ bedeute. UEFA-Präsident Aleksander Ceferin sagte während einer Pressekonferenz am Nachmittag, das bestehende Modell sei sogar gestärkt worden, weil die Verbände in der Zwischenzeit ohnehin ihre Regularien verbessert hätten. Mit bissiger Ironie fügte er an, wer möchte, könne zu jeder Zeit seinen eigenen Wettbewerb spielen.UEFA-Boss Aleksander Ceferin. © APA/afp / RICHARD JUILLIART
Das höchste europäische Gericht hatte aber am Morgen entschieden, dass die FIFA und UEFA andere Wettbewerbe nicht grundsätzlich von ihrer Genehmigung abhängig machen und Vereinen und Spielern nicht verbieten dürfen, an diesen Wettbewerben teilzunehmen. Das bedeute allerdings nicht zwangsläufig, dass die Super League genehmigt werden müsse, so die Richter.
Die Regeln, die FIFA und UEFA die ausschließliche Kontrolle über die kommerzielle Rechteverwertung der Wettbewerbe einräumen, würden den Wettbewerb in der EU einschränken. Die FIFA und UEFA würden ihre dominante Marktposition missbrauchen, hieß es im Urteil. Die bislang geltenden Regeln der Verbände seien nicht so ausgelegt, dass sie in jedem Fall transparent, objektiv, nicht diskriminierend und verhältnismäßig seien.
Die Super League
Die Initiatoren der Super League feierten die Entscheidung umgehend als großen Sieg. „Der Fußball ist frei“, sagte Bernd Reichart für die Agentur A22, die das Projekt vertritt. „Heute beginnt eine neue Ära.“ Einer der Kernpunkte der neuen Wettbewerbe sei, dass die Fans alle Spiele „live und kostenlos über eine neue digitale Streaming-Plattform verfolgen“ können, heißt es im konkretisierten Super-League-Vorschlag. Im Männerfußball geht es um ein dreistufiges Ligen-System mit 64 Vereinen. Bei den Frauen sollen in zwei Ligen insgesamt 32 Clubs mitspielen.Bernd Reichart vertritt mit der Agentur A22 das Projekt. © ANSA / MARISCAL AGENCIA / Gr
Als Unterstützer gelten bislang allerdings nur Real Madrid und der FC Barcelona, am Donnerstag kam zunächst kein weiterer Club dazu. „Es gibt Vereine, die sehr interessiert sind“, sagte Reichart. Sofort Namen zu nennen, würde aber den Fußball teilen, das sei nicht die Absicht. Ceferin konterte wenig später, er habe die Präsentation des Super-League-Modells gesehen. „Es ist schwer zu entscheiden, ob man geschockt sein soll – oder amüsiert. Weil wir nah an Weihnachten sind, bin ich eher bei amüsiert“, sagte der UEFA-Präsident.
Die Hintergründe
Vorausgegangen war ein zweieinhalbjähriger (Rechts-)Streit. 2021 hatten zwölf europäische Topclubs schon einmal die große Revolution geprobt. Die Vereine um Real, Barcelona und Juventus gründeten praktisch aus dem Nichts eine Super League – und scheiterten krachend. Der Aufschrei bei Ligen, Fans und der Politik fiel so heftig aus, dass sich die meisten Vereine sofort wieder verabschiedeten.Doch vor allen Real und Barcelona ließen nicht locker, und die European Superleague Company klagte vor einem Madrider Gericht: Sie warf UEFA und FIFA vor, als Kartell zu handeln, weil sie sich der Gründung der Super League widersetzten und mit Strafen für die Teilnahme an einem anderen Wettbewerb drohten. Dem folgte der EuGH nun größtenteils.
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