Sigi's Spitzen: Ein Boykott, der den Sport verschont

Die meisten wollen hin. Nach China, nach Peking im Februar 2022. Vor allem alle, die sich Hoffnung machen können auf olympisches Edelmetall. Die Spiele sind schließlich für die meisten der geplante Höhepunkt ihrer Karriere. Und es ist ja tatsächlich immer noch so, dass ein Olympiasieg ein Leben verändern kann. Ich werde einen Satz des deutschen Slalomfahrers Frank Wörndl nie vergessen. Der Weltmeister von 1987 unterlag danach bei den Olympischen Spielen in Calgary 1988 um sechs Hundertstel Sekunden dem Italiener Alberto Tomba. Dabei führte er nach dem ersten Durchgang noch. Er sagte also: &bdquo;Wenn ich gewonnen hätte, wäre mein Leben ganz anders verlaufen.“ So kehrte er als Verlierer nach Hause zurück. Nicht einmal die Silbermedaille verströmte Glanz oder öffnete ihm gar Türen, die mit einer Goldmedaille wohl von alleine aufgesprungen wären. Also will, auch nach leidvollen Erfahrungen in der Vergangenheit, in der man den Sport als politisches Druckmittel missbrauchte, niemand erneut den Aktiven ihre Chance verbauen. Ein Boykott für Peking 2022 steht demnach nicht zur Debatte. In keinem Land übrigens, weshalb ich die Formulierung des politischen Boykotts für nicht sehr glücklich finde. Es ist nämlich nur so, dass es Besucher betrifft, die keineswegs notwendig sind, um Olympische Spiele durchzuführen. Die USA, Großbritannien, Australien oder Neuseeland werden keine diplomatischen Vertreter zu den Spielen nach China schicken. Auch die EU boykottiert Das Europäische Parlament hat sich auch für einen solchen Schritt ausgesprochen, wobei die Entscheidung darüber natürlich bei den Ländern liegt. Die Plätze auf der VIP-Tribüne neben dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping und dem Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach, werden also ziemlich leer bleiben. Dass Bach anwesend sein muss, ist klar. Alle anderen Vertreter der teilnehmenden Länder haben keineswegs eine Anwesenheitspflicht. Es genügt vollständig, wenn deren Sportfunktionäre nach China reisen. Natürlich ist das ein Bruch mit der Vergangenheit, denn unter den Olympischen Ringen sonnten sich Politiker immer gerne. Es waren ja stets angenehme Dienstreisen und es war natürlich auch Werbung in eigener Sache für das Wahlvolk zuhause. Beim Einmarsch der Nationen bei der Eröffnungsfeier wurde dann immer gerne auch der jeweils zugehörige politische Vertreter von der Kamera gesucht. Manchmal sogar war er königlichen Geblüts, je nach Regierungsform natürlich, denn es gibt sie ja immer noch, die konstitutionelle Monarchie. Da ist nun nicht mehr notwendig. China ist fuchsteufelwild China schäumt und führt sich auf wie ein kleines Kind, dem man ein Spielzeug weggenommen hat. &bdquo;Sie werden den Preis für ihr Fehlverhalten bezahlen“, tönte Zhao Lijian, der Sprecher des chinesischen Außenministeriums. Dabei hat ja China die Olympischen Spiele instrumentalisiert, indem es mit Gigantismus beim Bau neuer Sportstätten lieb Kind sein will beim IOC als Dank für die Vergabe der Winterspiele 2022, womit Peking ja die erste Stadt ist, die zuvor schon Sommerspiele ausgetragen hatte. Die Welt sollte sehen, wie sehr man sich für die olympische Bewegung einsetzt. Aber die Welt ist glücklicherweise noch nicht gänzlich blind. China vernichtet das Volk der Uiguren, raubt den Einwohnern von Hongkong ihre Freiheit und hat in Tibet ein Klima der Angst und des Schreckens geschaffen. Das sollte mit dem Bau einer neuen Bob-und Rodelbahn, mit einer gigantischen Skisprunganlage oder mit neuen Skipisten und Eishallen überdeckt werden. Doch die Welt spielt nicht mehr mit wie noch vor ein paar Jahren, als Vladimir Putin kurz nach der Schlussfeier der olympischen Spiele in Sotschi die Krim annektierte. Die Vorbereitung dazu lief, während alle Aufmerksamkeit auf den Sport gelenkt worden war. Auch Corona an neuem China-Bild Schuld Es ist fatalerweise sogar der Pandemie zu verdanken, dass sich das Verhältnis vieler Staaten zu China massiv verändert hat. Die vormalige vor allem auch wirtschaftliche Abhängigkeit aufgrund natürlich des großen Absatzmarktes wird überdacht. Man will wieder selbstständiger, ja eigenständiger werden. Die Welt ist aufgewacht, auch weil der Riese China unverblümt versucht, diese Welt zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Die Olympischen Spiele 2022 sollten ein gewaltiges Ablenkungsmanöver werden, um im eigenen Land weiterhin nach Gutdünken die Menschenrechte zu verletzen. Das funktioniert nicht mehr. Das Fernbleiben vieler politischer, ja hochrangiger Mandatsträger geht ja nicht zu Lasten des Sports. Alle, die um Medaillen kämpfen, werden gute Bedingungen dafür vorfinden. Gezwungenermaßen kehrt damit eine neue Bescheidenheit unter den olympischen Ringen ein. Das kann der olympischen Bewegung nur helfen, nachdem sie in der Vergangenheit durch ihre immensen Forderungen viele potenzielle Kandidaten verprellt hatte, so dass damals bei der Wahl für 2022 nur die autokratischen Staaten Kasachstan und eben China übrig geblieben waren, weshalb wir uns schon jetzt auf die olympischen Spiele in gut vier Jahren in Italien freuen.

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