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Viktor Svedberg, Verteidiger des HC Pustertal. © Thomas Debelyak

Zu Gast bei Barack Obama: Die kuriose Story des HCP-Riesen

Mit einer Körpergröße von 2,06 Metern ist Viktor Svedberg beim HC Pustertal eine imposante Erscheinung. Mindestens genauso imposant ist seine Karriere. Mit uns sprach der Schwede über seine verrückte Stanley-Cup-Reise, einen Besuch bei Barack Obama und ein Abenteuer in Russland, das ihn beinahe Haus und Hof gekostet hätte.

Von:
Thomas Debelyak

In der NHL, der besten Eishockey-Liga der Welt, gibt es einen speziellen Brauch. Gewinnt eine Mannschaft den Stanley Cup, also die größte Trophäe im Eishockey, dann bekommt jeder Spieler des Teams einen eigens angefertigten, mit aufwendigen Gravuren verzierten Ring geschenkt. Ein Andenken, dessen Preis sich auf satte 20.000 bis 25.000 US-Dollar beläuft – und ein Andenken, das auch Viktor Svedberg bei sich zu Hause in der schwedischen Heimat liegen hat.


Moment! Hat Pustertals 2,06-Meter-Riese etwa die beste Liga der Welt gewonnen? Auf Svedbergs Gesicht breitet sich ein leichtes Lächeln aus, als wir ihm diese Frage stellen. „Ich war Teil der Mannschaft, ja. Aber ich fühle mich nicht wie ein Stanley-Cup-Sieger. Deshalb habe ich den Ring auch in einem Safe liegen und nicht in einer gut sichtbaren Vitrine ausgestellt. Für mich ist es lediglich eine schöne Erinnerung.“

Von der AHL zum Stanley-Cup-Sieger

Rückblende ins Frühjahr 2015. Viktor Svedberg, damals 23 Jahre jung, hatte zu jener Zeit den Sprung von Schweden nach Nordamerika gewagt und spielte für die Rockford IceHogs in der American Hockey League. Diese Mannschaft ist das Farmteam der Chicago Blackhawks, eine der berühmtesten Eishockey-Franchise der NHL. „Als unsere Saison in der AHL zu Ende ging, wurde ich ins NHL-Team berufen“, erinnert sich Svedberg.
„Ich war der Extra-Spieler und hätte nur gespielt, wenn jemand ausgefallen wäre.“ Viktor Svedberg

Fortan war der Verteidiger Teil der Mannschaft, er trainierte Seite an Seite mit den Stars, ging mit ihnen auf Playoff-Reisen, absolvierte die Warmups am Spieltag. Allerdings musste Svedberg bei den Matches immer auf der Tribüne Platz nehmen. „Ich war sozusagen der Extra-Spieler. Wenn jemand ausgefallen wäre, wäre ich zum Zug gekommen. So weit kam es aber nicht und ich habe am Ende keine Sekunde gespielt.“

Viktor Svedberg (ganz hinten, rechts mit der Nummer 43) feiert den Stanley-Cup-Sieg. Rechts vorne der Ex-Bozner Niklas Hjalmarsson. © GETTY IMAGES NORTH AMERICA / BRUCE BENNETT


Trotzdem war Svedberg immer mittendrin statt nur dabei – auch, als sich Chicago am 15. Juni 2015 gegen Tampa Bay den Stanley Cup geholt hat. Auf Fotos ist zu sehen, wie der heute 33-jährige Abwehr-Riese auf dem Eis mit seinen Teamkollegen feiert – unter anderem mit Niklas Hjalmarsson, der damals zu den großen Stars der Blackhawks zählte. Den Südtiroler Eishockeyfans ist dieser Namen natürlich bestens bekannt, immerhin spielte der Schwede wenige Jahre zuvor während des NHL-Lockouts kurz für den HC Bozen. „Ein super Typ“, merkt Svedberg an.

Empfang im Weißen Haus

Diese Tage wird der Pusterer Neuzugang jedenfalls nie mehr vergessen. „Die Party war enorm, es wurden Paraden organisiert. Football- und Baseball-Klubs haben uns zu ihren Matches eingeladen“, erzählt Svedberg und fügt mit einem Lachen an: „Wir waren sogar zu Gast im Weißen Haus in Washington. US-Präsident Barack Obama hat uns da empfangen und jedem die Hand geschüttelt. Das war schon ein spezieller Moment.“

Svedberg (rechts) absolvierte 30 Partien für Chicago in der NHL. © GETTY IMAGES NORTH AMERICA / HANNAH FOSLIEN


Das NHL-Debüt von Svedberg war übrigens nur aufgeschoben. In der Saison nach dem Stanley-Cup-Triumph durfte der Schwede dann tatsächlich in der besten Liga der Welt ran. Insgesamt 30 Spiele absolvierte er für Chicago, zwei Mal trug er sich sogar in die Torschützenliste ein. „Das sind Momente, von denen du als Kind träumst“, so Svedberg, der anschließend aber auch das harte Eishockey-Business in Nordamerika zu spüren bekam. „Mein Vertrag wurde zwar für zwei Jahre verlängert, in der NHL kam ich aber nicht mehr zum Einsatz. Das ist das harte Geschäft in Nordamerika, dort gibt es immer einen Spieler, der an die Tür klopft und dir deinen Platz wegnehmen will.“

In Russland gerät er zwischen die politischen Fronten

Nach fünf Jahren in Amerika zog es Svedberg schließlich zurück nach Europa, wo er in der KHL anheuerte. Auch dort erlebte der Abwehr-Riese ein Wechselbad der Gefühle. Einerseits drückte er der zweitbesten Liga der Welt seinen Stempel auf und wurde von Kasachstan sogar eingebürgert, weshalb er an zwei Weltmeisterschaften teilnehmen konnte. Andererseits geriet er zwischen die politischen Fronten.

Viktor Svedberg im Faustkampf mit Bozens Cristiano DiGiacinto. © Markus Ranalter



Als Russland im Februar 2022 den Angriffskrieg gegen die Ukraine startete, stand Svedberg beim sibirischen Klub Avangard Omsk unter Vertrag. Zahlreiche europäische Spieler aus der KHL suchten zu jenem Zeitpunkt das Weite – auch, weil die schwedischen, finnischen und tschechischen Vereine geschlossen eine klare Ansage machten: „Wer trotz des Krieges in Russland bleibt, ist für uns eine Persona non grata.“ Das ist bis heute noch so.
„Das hätte mir Haus und Hof gekostet.“ Viktor Svedberg

Svedberg entschied sich dennoch für einen Verbleib in Omsk. „Ich hatte damals den größten Vertrag meiner Karriere unterschrieben. Hätte ich den Verein verlassen, dann hätte ich mich selbst herauskaufen müssen. Das hätte mir Haus und Hof gekostet. Ich entschied deshalb, das Arbeitspapier zu erfüllen, auch im Sinne meiner Familie. Ich stehe heute noch zu dieser Entscheidung“, so Svedberg, der in Kürze zum dritten Mal Vater wird.

Nun ist der schwedische Riese also beim HC Pustertal gelandet. Ob mit seinem Boxkampf gegen Bozens Cristiano DiGiacinto oder mit seiner imposanten Physis – bei den Wölfen begeisterte Viktor Svedberg schon viele Fans. Wie lange er in Bruneck bleiben wird? Immerhin besitzt er nur einen befristeten Vertrag. „Ich hoffe, noch lange. Mir gefällt es hier.“ Wenn das ein Mann sagt, der in seinem Leben schon so viel von der Welt gesehen hat, will das etwas heißen.

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