Italiens WM-Kapitän Thomas Larkin. © det
„Ich bekam Todesdrohungen“: Italiens Kapitän lässt tief blicken
Noch einmal schlafen, dann beginnt die Eishockey-Weltmeisterschaft in Bozen. Das Blue Team wird dann von Thomas Larkin angeführt – eine Personalie, die in ihrer Karriere so viel erlebt hat wie kaum ein anderer Spieler der Azzurri. Dazu zählen nicht nur schöne Momente, sondern auch düstere Zeiten.
27. April 2024
Von:
Thomas Debelyak
Rund eine halbe Stunde dauert unser Gespräch mit Italiens Kapitän Thomas Larkin im schmucken Foyer des Hotel Sheraton. Es ist ein Gespräch, an dessen Ende man ganz gut nachvollziehen kann, warum der Italo-Amerikaner das Blue Team ab Sonntag zum zweiten Mal als Kapitän in eine Weltmeisterschaft führen wird. Die sportliche Laufbahn, also Erfahrungen in Nordamerika, der KHL und der DEL, sind ein Aspekt. Der andere ist die Aura, die der 33-Jährige versprüht. Uns gegenüber sitzt ein echter Leader. Einer, dem man gespannt zuhört, wenn er mit seiner tiefen Stimme spricht. Und einer, der in seiner Karriere, in seinem Leben schon die höchsten Hochs und tiefsten Tiefs erlebt hat.
Gerade deshalb ist das Gespräch mit Larkin reich an interessanten Anekdoten. So erzählte der kompromisslose Defender etwa, dass seine Mama aus Mailand und sein Papa aus den USA stammt, er aber in London geboren wurde, weil sein Vater damals dort in der Finanzbranche gearbeitet hat. Mit drei Jahren zog es Larkin und seine Familie nach Varese, wo er sich nicht nur in seine jetzige Frau und Mutter seiner beiden Töchter verliebte, sondern auch ins Eishockey.
Larkin wird Italien als Kapitän ins Turnier führen. © Valentina Gallina
Larkin sagt (in bestem Italienisch, wohlbemerkt), dass er Vollblutitaliener und sehr heimatverbunden sei. „Mit 14 Jahren verließ ich Varese und ging in die USA, um auf die Hockey-Karriere hinzuarbeiten. In den Ferien kehrte ich aber immer nach Varese zurück und habe dort mit den Jugendteams gespielt.“ Er spricht von seinem NHL-Traum, den er um Haaresbreite verpasst hat: „Ich wurde von den Columbus Blue Jackets gedraftet und habe mit dem NHL-Team auch mal die Saisonvorbereitung gemacht. Am Ende hat es für einen Einsatz leider nicht ganz gereicht.“ Und er erinnert sich an sein zweijähriges Abenteuer in der Kontinental Hockey League, kurz KHL, in der „Auswärtsreisen wegen der enormen Distanzen oft zwei Wochen lang gedauert haben.“
Der Check, der alles veränderte
Thomas Larkin bekam im Laufe der Jahre aber auch die schlimmen Seiten seines Sports zu spüren. Im November 2017 – der Verteidiger spielte gerade seine erste Saison mit den Adler Mannheim – bestimmte sein Name tagelang die Eishockey-Schlagzeilen in Europa. Bei einem Champions-League-Match gegen den schwedischen Klub Brynäs IF brachte Larkin seinen Gegner Daniel Paille so hart zu Fall, dass dieser wegen einer Kopfverletzung die Karriere beenden musste.„Das alles hat mir gezeigt, wie verrückt die moderne Internet-Welt ist.“ Thomas Larkin
Brynäs Sportchef sprach anschließend von einem „Mordversuch“, Paille selbst klagte Larkin wegen schwerer Körperverletzung an. Der Fall wanderte vor Gericht, wo der Italiener schließlich freigesprochen wurde. „Was damals passiert ist, war einfach nur absurd“, gibt Larkin tiefe Einblicke. „Leute haben auf Twitter und Instagram das Video der Szene gesehen und mich auf schlimmste Weise beschimpft. Ich wurde mit dem Tod bedroht, meine Frau wurde mit dem Tod bedroht. Schwedische Kommentatoren, Journalisten und Funktionäre haben mich total in den Abgrund getrieben.“
Das Gericht sprach ihn frei
Vier Jahre nach dem Foul – und einer Zeit, in der Larkin auch psychologische Hilfe in Anspruch nehmen musste – kam es vor einem schwedischen Gericht zur Verhandlung. „Bis dahin habe ich nie öffentlich darüber gesprochen und nur auf den Deckel bekommen. Schlussendlich bestätigte das Gericht die Version, die ich immer vertreten habe: Es war ein Unfall. Mir hat das alles gezeigt, wie verrückt die moderne Internet-Welt ist, in der jeder alles schreiben kann.“Thomas Larkin ist schon seit Jahren fester Bestandteil der Azzurri. © Valentina Gallina/FISG
Man merkt: Diese Geschichte hat bei Larkin Spuren hinterlassen. Sein sechsjähriges Abenteuer in Mannheim konnte sie aber nicht trüben, immerhin mutierte der Italo-Amerikaner in jener Zeit zu den solidesten Verteidigern der DEL und machte seinen eishockeyverrückten Klub 2019 mit einem Overtime-Tor sogar zum deutschen Meister. „Da war in Mannheim die Hölle los. Wir haben bis 4 Uhr morgens in der Kabine gefeiert, danach gab es eine Siegerparade. Kurzum: Wenn du in Mannheim Meister wirst, bist du der König.“
Ein beachtliches Standing
Dass sich Larkin mittlerweile ein beachtliches Standing erarbeitet hat, zeigte sich auch im vergangenen Sommer. Als er zu den Schwenniger Wild Wings wechselte (dort spielen auch die Südtiroler Alex Trivellato und Peter Spornberger), wurde er sofort zum Kapitän der Mannschaft gewählt. Auch im nächsten Jahr wird Larkin das Trikot der Wild Wings tragen. Zunächst steht aber die Weltmeisterschaft in Bozen an, die mit dem Aufstieg gipfeln soll. Das würde den mehrfachen Kapitän besonders stolz machen.Profil bearbeiten
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