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Juri Steiner nimmt beim HC Bozen eine besondere Rolle ein. © det

Der heimliche Held der Kabine: Das ist Bozens gute Seele

Der HC Bozen kämpft am Freitag in Salzburg gegen das Saison-Aus. Wir haben im Vorfeld einen Blick in den Kabinentrakt des HCB gewagt – und sind dem stillen Helden der Weißroten begegnet.

Von:
Thomas Debelyak

Powerplay Bozen. Wie die Geier kreisen die Weißroten um das Tor der Salzburger, warten nur darauf, bis die Beute einen Fehler macht, um im richtigen Moment zuzuschnappen. Geduldig, aber doch bestimmt schieben sich die Cracks die Scheibe zu, und auf den Rängen schaukeln sich Anspannung, Nervosität, die Gier nach einem Jubelschrei gegenseitig hoch. Und dann endlich! Luca Frigo sieht die Lücke. Er wartet auf den Pass des Mitspielers, bringt den Körper in Schussposition, bereit, die Hartgummischeibe mit der Geschwindigkeit eines Ferraris auf den Bullen-Stall abzufeuern. Aber dann ein großes Raunen in der Sparkasse Arena: Beim Schuss zerbricht der Schläger in zwei.


Frigo weiß genau, was zu tun ist. Mit schnellen Schritten gleitet er in Richtung Ersatzbank, wo sich ein junger Mann mit Brille und grauem Pulli bereits aus dem Hintergrund nach vorne geschmiegt hat und eine neue Eislanze über die Bande reicht. Frigo nimmt das teure Spielgerät (rund 300 Euro kostet so ein Schläger) entgegen und fügt sich wieder nahtlos ins Powerplayspiel ein. „Auch das gehört zu meinem Job dazu. Ich muss während der Spiele immer voll fokussiert sein, weil so etwas immer wieder mal passieren kann“, sagt Juri Steiner. Er ist seit dieser Saison der Zeugwart des HC Bozen, und einer, der sich eigentlich immer im Hintergrund hält, für die Mannschaft aber dennoch von großer Bedeutung ist.

Steiner bei einer seiner Hauptbeschäftigungen: Dem Schleifen der Schlittschuhe. © det


Der 34-jährige Familienvater aus Waidbruck, der mittlerweile in Lana wohnt, ist dafür verantwortlich, dass in und rund um die Kabine alles nahtlos läuft. „Meine größte Aufgabe ist sicherlich das Schlittschuhschleifen. Hier hat jeder Spieler seine eigenen Präferenzen. Manche mögen einen härteren Schliff, manche einen weicheren. Um zu wissen, welcher Spieler was benötigt, haben wir verschiedene Sticker auf die Schlittschuhe geklebt, parallel dazu führe ich eine Excel-Liste“, so Steiner, dessen „Schleifbüro“ unmittelbar neben der Spielerkabine liegt. Schlittschuhe sind kein billiger Spaß, der Listenpreis für ein Paar liegt bei 1.300 bis 1.500 Euro, wobei es für Vereine Vergünstigungen gibt. Pro Saison benötigt ein Spieler ein, manchmal auch zwei oder drei Paare.

Schleifen, nähen und waschen

Juri Steiner muss aber auch in einem anderen Ambiente Fingerfertigkeit beweisen. „Ich verbringe viel Zeit damit, die Ausrüstung der Spieler zu reparieren, zu nähen. Dafür habe ich mir jetzt extra eine richtig gute Nähmaschine zugelegt. Und natürlich macht auch das Wäschewaschen einen großen Teil meiner Arbeit aus.“ Dieses Wäschewaschen sorgt auch dafür, dass die Nächte von Juri Steiner – insbesondere jetzt in den Playoffs – mitunter sehr sehr kurz sein können.
„Es kommt schon mal vor, dass ich erst um halb 4 Uhr morgens nach Hause fahre.“ Juri Steiner

Wenn der HCB-Bus nach einer langen Fahrt aus Salzburg oder Villach nämlich mitten in der Nacht auf dem Parkplatz der Sparkasse Arena andockt und sich die Spieler ab ins frisch gemachte Bettchen machen, geht für Steiner die Arbeit erst los. Da wird die Wäsche gewaschen und in den Trockner gelegt, sodass am Morgen danach wieder alles pronto ist. „Es kommt schon mal vor, dass ich erst um halb 4 Uhr morgens nach Hause fahre, am nächsten Tag geht’s um 8 Uhr wieder los“, sagt Juri.

Hier waren sie noch „Gegner“ (der eine bei Bozen, der andere bei Pustertal), heute arbeiten sie beim HCB zusammen: Reini Apollonio (links) und Juri Steiner. © kp



Unterstützung erhält Steiner vor allem von seinem Onkel Reinhard Apollonio, den im Kabinentrakt der Sparkasse Arena alle nur Reini nennen. Er ist eine wahre Institution beim HCB und schon seit 30 Jahren als Zeugwart tätig. Heuer wollte er aber einen Gang zurückschalten und hilft deshalb sporadisch aus. „Ihn stets um Rat fragen zu können, ist für mich enorm wichtig. Reini kennt das Geschäft wie kein anderer“, so Steiner, der durch seinen Onkel in gewisser Weise zu diesem Job gefunden hat.

Die guten Seelen in der Kabine

„Ich habe früher Eishockey in Brixen gespielt, es dann aber sein lassen. Trotzdem wollte ich noch nahe bei der Mannschaft sein und habe mich als Zeugwart versucht. Während eines Praktikums bei Reini und dem HC Bozen habe ich schließlich gemerkt, dass das wirklich was für mich ist“, erklärt der gelernte Maschinenbauschlosser, der elf Jahre lang bei einem Brixner Unternehmen gearbeitet hat, bevor er hauptberuflich Zeugwart wurde. In den vergangenen zwei Saisonen arbeitete Juri für den HC Pustertal, wobei es auch immer wieder zu Onkel-Neffen-Treffen bei den Derbys kam.

Seit dieser Saison schleift Steiner nun aber die Schlittschuhe der Bozner Cracks. Und bildet gemeinsam mit Reini Apollonio und Othmar Gamper (er ist ebenfalls Equipment-Assistent und „das Mädchen für alles“) die guten Seelen in der HCB-Kabine. Juri Steiner hätte jedenfalls nichts dagegen, wenn er in dieser Saison noch die eine oder andere Nachtschicht einlegen müsste. Am Freitag kämpft der HC Bozen in Salzburg gegen das Halbfinal-Aus.

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