h Eishockey

SportNews hat sich in Reischach mit einem völlig entspannten Damian Clara getroffen. © Thomas Debelyak

„Ein mentales Monster“: So lebt und arbeitet Damian Clara

Er ist Vollprofi durch und durch. Dabei könnte er mit seinen 19 Jahren ganz andere Dinge machen, als stundenlang in der Kraftkammer schwitzen, sich von Trainern und Beratern den Weg vorgeben lassen und sein Leben tausende Kilometer fernab der Heimat selbst bewerkstelligen. Doch Damian Clara hat einen Traum.

Von:
Alexander Foppa

Damian Clara will in die NHL – und er hat einen ganz präzisen Plan, wie er sich diesen Traum verwirklichen will. Mit welchen Mitteln er diesen angeht und was er dafür investiert, haben wir bei einem Besuch in seinem Heimatort in Reischach augenscheinlich vorgeführt bekommen.


Als Treffpunkt hat Clara das Hotel Oberwiesen am oberen Ortsrand gewählt. Dort hat nämlich sein Fitnesstrainer René Baur seine „Folterkammer“ eingerichtet. Hier schwitzt der Eishockeytormann zwei Stunden täglich. Es geht darum, den Körper nach einer langen Meistersaison mit dem schwedischen Zweitligisten Brynäs wieder auf Vordermann zu bringen, und sich dann, in einem zweiten Schritt, physisch aufs nächste Level zu heben. Die Devise lautet: Hüftmuskulatur ausbauen, die Oberschenkel stärken, den Rücken stabilisieren und Sprungkraft antreiben.

Baur, früher selbst Eishockey-Goalie und Nationalspieler, kennt Clara bereits seit dessen 13. Lebensjahr. Es kommt also nicht von ungefähr, dass die beiden fast den ganzen Sommer über zusammenarbeiten. Als „brutalen Fanaten“, beschreibt der Youngster seinen Fitnesscoach, „er hat aber ungeheures Fachwissen, zudem arbeitet er mit vielen Spitzen-Eishockeyspielern zusammen.“

„Der Junge ist extrem professionell.“ Fitnesstrainer René Baur

Natürlich wollten wir bei unserem Trainingsbesuch auch die Meinung des Lehrmeisters hören. Dieser sagt über den fast zwei Meter großen Hünen: „Das Augenmerk liegt darauf, diesen Riesenkörper in Balance zu bringen und zu stabilisieren. Dafür braucht es Zeit, da darf man nichts überhasten. Diese Geduld muss Damian aufbringen.“ Das müsse er noch verinnerlichen, so Baur, dafür habe er ganz andere Stärken: „Die Ruhe auf dem Eis, seine Intelligenz und seine Einstellung zu diesem Job. Der Junge ist extrem professionell. Er ist ein mentales Monster, im positiven Sinn. Es macht riesengroßen Spaß, mit so jemandem zu arbeiten.“

Claras Sommer besteht jedoch nicht nur aus Krafttraining. So war er etwa zum Eistraining in Salzburg, im Development-Camp der Anaheim Ducks in Kalifornien und ab und an mit Cracks des HC Pustertal in Brixen auf dem Eis. Er gleicht diese Einheiten mit Hand-Augen-Koordinationsübungen, mit Ausdauerläufen, Bergwanderungen und Radfahren aus. Zudem spielt er mit Freunden Tennis, Basketball und Beachvolleyball. Dazu verabredet man sich auch mal ganz spontan, wie Clara verrät. „Das sind häufig Freunde von früher. Einige von ihnen wissen gar nicht richtig, was ich eigentlich so mache, interessieren sich kaum für Eishockey. Das ist entspannend für mich und tut richtig gut.“


Clara spricht fünf Sprachen

Als Clara diese Sätze spricht, haben wir uns längst von Baur verabschiedet und sind weitergezogen ins elterliche Hotel, dem Tannenhof unweit der Kronplatz-Talstation. Im gemütlichen Garten des Hotels verrät Clara, dass er es genießt, „nach Hause zu kommen und einfach mal der Damian zu sein.“

Hinter ihm liegt eine sportlich erfolgreiche, aber dennoch schwierige Zeit. In seinen Ausbildungsjahren in Salzburg wurde ihm nämlich alles vorgegeben und abgenommen, es war ein Leben im Internat. „In Schweden musste ich erst lernen, meinen Alltag selbst zu organisieren, mir die Zeit sinnvoll einzuteilen. Zudem galt es rasch die Sprache zu lernen. Irgendwie habe ich alles geschafft (lacht).“ Inzwischen spricht Clara neben vier weiteren Sprachen auch fließend Schwedisch. So ganz nebenbei hat er als Privatist am Realgymnasium in Bruneck auch noch die Matura gemacht. „Im Mai musste ich alle Prüfungen der vierten und fünften Oberschulklasse ablegen, das war schon stressig“, blickt der Reischacher zurück.
„Spieler mit meinem Lebenslauf gibt es wie Sand am Meer.“ Damian Clara

Nicht nur in dieser Zeit rückte der Sport manchmal in den Hintergrund. Generell verfolgt Clara das internationale Eishockey nur am Rande, da holt ihn selbst ein Stanley-Cup-Finale nachts nicht aus dem Bett. „Ich bin dann doch lieber am nächsten Tag ausgeschlafen. Und ganz ehrlich? Auch den legendären Eishockey-Film 'The Mighty Ducks' habe ich noch nie gesehen. Das muss ich noch nachholen, bevor es dann irgendwann vielleicht mal zu den Ducks nach Anaheim geht (lacht).“

Damian Clara führte Brynäs zum schwedischen Zweitligatitel.


Anaheim und die NHL sind allerdings noch weit weg, das wiederholt der Goalie, der 2023 als erster echter Südtiroler gedraftet worden ist, in unserem Gespräch gebetsmühlenartig. „In Schweden gibt es Spieler mit meinem Lebenslauf wie Sand am Meer. Da ist die NHL irgendwie noch gar kein Thema. Ich hingegen muss immer mal wieder erklären, dass das alles nicht so imposant ist, wie es klingt und meine Chance auf einen NHL-Einsatz immer noch sehr vage ist.“

Zunächst einmal muss sich Clara nun beim schwedischen Großklub Färjestad behaupten und dort dem ehemaligen NHL-Goalie Maxime Lagacé den Posten als Stammtorhüter streitig machen. Erst nächsten Sommer, wenn sein Vertag in Schweden endet, wird gemeinsam mit den Ducks entschieden, ob Clara seine Karriere in Europa oder in einem der Farmteams der NHL-Franchise fortsetzt. Bis dahin stehen für den 19 Jahre alten Wunderjungen noch viele Trainings und Spiele auf dem Programm.



Kommentare (0)

Vervollständigen sie Ihre Profil-Angaben, um Kommentare zu schreiben.
Profil bearbeiten

Sie müssen sich anmelden, um die Kommentarfunktion zu nutzen.

© 2024 First Avenue GmbH